Sonntag, Oktober 29, 2006

living for the weekend

Nach etwas drastischen letzten Post und Euren treffenden Kommentaren schlage ich mal wieder versöhnliche Töne an. Immerhin ist hier in Tokio was los. Also, hier kommen in Wort und Bild die Ereignisse dieses Wochenendes.

Freitag, 12.30h. Uni aus. Das bedeutet dass man sich für das Mittagessen mal Zeit nehmen, und eventuell nachher einen Kaffee trinken gehen kann. Angesichts der Anzahl der Teilnehmer an den Sprachkursen der Uni, nimmt man nicht immer mit den selben Leuten sein Mittagessen, sondern es ergeben sich schonmal illustre Tischrunden mit interessanten Gesprächen. Ein Hoch auf die Internationalität der Teilnehmer. Echt schön Geschichten aus aller Welt zu hören und über länderspezifische Ansichten zu diskutieren. Der Freitag bietet dann die nötige Zeit für diese Gespräche. Erwähnenswert.

Nachher gab es dann eine Hiobspost für mich. Der Platz auf dem ich meine bisherigen Trainingseinheiten haben durfte ist leider ab sofort gesperrt und wird erneuert. Und das wo ich mich grad mal eingespielt hatte. Macht mich nicht grad glücklich. Auf meine Frage ob und wo es einen Ausweichplatz gibt, keine klare Antwort sondern das gewohnte zögerliche Verhalten. Das heisst für mich das es entweder gar keine Möglichkeit gibt oder aber eine die noch nicht ganz feststeht. Ich bewahre mir mal ein wenig Hoffnung, ohne mir aber zu viel zu versprechen. Für mich kam das sehr überraschend. Klasse war das kollektive Verbeugen der Mannschaft vor dem Platz. Als Dank und Ehrerbietung dieses sagen wir mal nicht ganz ebenen Geläuf. Anyway, ohne Platz geht´s nicht, was ich nun schmerzhaft erfahren muss. Da kann man diese Geste direkt etwas besser verstehen. Natürlich wurden noch viele Fotos geschossen, die ich hoffentlich bald präsentieren kann. Die Jungs hatten dann heute auch ein Spiel gegen eine andere Universität. Als Abschlusseinheit stand ein Trainingsspiel auf dem Trainingsplan. Allerdings mussten die Stürmer als Verteidiger ran und umgekehrt. Das sportliche Äquivalent zur Job- Rotation, die in den japanischen Firmen praktiziert wird. Sehr interessant. So wird man universell geschult und darüber hinaus wird das Verständnis für die anderen Positionen gefördert. In anderen Worten, der Goalgetter wird mit den Härten des Verteidigens vertraut gemacht und der Haudegen aus der Hintermannschaft darf die Schwierigkeiten des Toreschiessens selbst erleben. Find ich gut, das fördert die mannschaftliche Geschlossenheit und verhindert vielleicht dass man sich unberechtigt über die Leistung der Mannschaftskameraden aufregt. Schade dass es damit erstmal vorbei ist. Nächstes Wochenende ist Campusfest! Da werde ich den ein oder anderen Spieler wiedersehen und mich mit einem Bier für die freundliche Aufnahme bedanken.
Nach dem Training gings dann ab in die Stadt, wo ein weiterer deutsch- japanischer Stammtisch stattfand. So la la, aber gut für die Kontakte. Lustiger wurde es dann als wir wieder zurück in Shimotakaido waren. Direkt am Bahnhof liegt das Honmalu. Das ist sowas wie meine Stammkneipe. So eine Art Grillimbiss wo es 'yakitori' gibt. Das sind kleine Spiesse mit allem möglichen Fleischsorten, Gemüs und auch Sachen die an die ich mich nicht so recht trauen mag. Jedenfalls ist das ein Ort an dem ich zu Bier und yakitori schon einige nette und vor allem weltoffene Japaner kennengelernt habe. Leider war an diesem Freitag keine meiner japanischen Bekanntschaften da. Nicht weiter tragisch, da ich in Begleitung war. Die Japaner tauen an solchen Orten auf, legen ihre Schüchternheit und quatschen dich rundheraus an. So hatten wir diesmal mit einem Trio die Ehre, welches maskiert, geschminkt, Hemd und Krawatte nicht mehr ganz so gerade und mehr als angeheitert von einer Firmen- Halloweenfeier kam. Mehr als witzig nicht wahr Hannah? Und so zog es sich bis zum wohlverdienten Wochenendschlaf noch etwas hin. Geschlafen wird wenn ich wieder in Deutschland bin...

am grinsen wie ein Honigkuchenpferd

...Samstagmorgen. Keine Zeit auszuschlafen. Ab in die Stadt. Am Tokio Dome gibt’s nen ganzjährigen Vergnügungspark. Ab auf die Achterbahn. Junge, Junge, das ging vielleicht ab. Adrenalin pur. 130 Sachen, auf 1000m. Aus 80m Höhe geht’s im 80°Winkel steil abwärts. Genau richtig um nach einer langen Nacht wieder auf Trab zu kommen. So macht man das hier halt.

80°! Ganz schön steil gegangen


verrückte Truppe im Izakaya 'The Lockup'

Abends ging es nach nem Vergnügungspark ins Izakaya und im Anschluss noch Karaoke. Was erzähle ich da. Das war ein Karaoke- Marathon. Vier Stunden haben wir es insgesamt ausgehalten, uns die Kehle aus den Leib gesungen und grandiose Performances hingelegt. Ich denke die Bilder sagen alles und so brauche ich in meinem doch etwas ermüdeten Zustand nicht mehr viel hinzuzufügen.


Mein Verhältnis zur Stadt ist nach diesem Wochenende wieder hergestellt. Zum positiven. Und bis zum nächsten Wochenende werde ich´s wohl auch aushalten. :D


Donnerstag, Oktober 26, 2006

Friede meinen Ohren

Mein werter Vater wünschte mir vor meiner Abreise viel Geduld. Die braucht man hier schonmal, manchmal reicht sie nicht und so lasse ich in diesem Post mal die Fetzen fliegen. Man möge es mir verzeihen und es als Post stehen lassen. Japan ist toll und beschissen zugleich. Love it AND hate it. In dieser Kategorie wird das hier leider nicht das letzte sein was ich schreibe:


Gebt mir doch bitte einmal Ruhe, einmal keinen Lärm. Keine Menschen, keinen Geruch, keine Autos, keine Motorräder, einfach mal nichts und niemand. Schickt mich von mir aus nach Puffendorf. Denn manchmal würde ich das Kaff dieser Stadt vorziehen. Dauerbeschallung. Ich wüsste gern mal die Anzahl an Dezibel die man auf so einem normalen Weg zur Uni aushalten muss und mit dem vergleichen was in Deutschland als zumutbar gilt. Der Zug fährt ein, eine nervende Stimme ertönt aus Lautsprechern, die alle drei Meter auf den Gleisen angebracht sind. Man solle bitte einen Sicherheitsabstand halten und bloss nicht vor dem Zug rennen. Diese nicht ungewöhnliche Durchsage wird hier an besonders überfüllten Bahnhöfen zu den Stoßzeiten nicht mehr von Band gespielt sondern von Menschen durchgesagt die wie alle hier in Japan mit unglaublichen Enthusiasmus ihren Job ausführen. Zum Leid meiner armen Ohren und an gefressenen Nerven. Die Türen öffnen sich, die Alarmglocken ertönen. Man quetscht sich rein in den Zug, harrt aus, fährt wo man hinwill, steigt aus und erneut ertönt ein Klingeling und Gebrülle. Noch schlimmer wenn man umsteigen möchte und zusätzlich die Züge auf anderen Gleisen an dir vorbeirauschen. Jeder Bahnhof hat eine ihm eigene Musik. Die 'happy train' Musik haben wir sie getauft und auf seinen Wegen durch die Stadt sammelt man die Melodien wie Levels in Super Mario World. Diese Melodien lassen dich dann auch den ganzen Tag nicht los, schon gar nicht wenn man mal fünf Minuten auf seinen Anschluss wartet. Und so verfolgen dich die gefühlten Dezibel als Ohrwurm zur Uni, begleiten den Verkehrslärm über die Mittagspause hinweg und sorgen dafür dass du bloss nicht zur Ruhe findest. In manchen Kursen hält dich der Lärm der nahe gelegenen Baustelle vom einpennen ab. Zum Lohn gibt’s nach Feierabend auf dem Heimweg wieder Beschallung. Manchmal überrascht dich der Lärm auch im Park, wo aus unerfindlichen Gründen über Lautsprecher rumgeschrien wird. Musikfreie Supermärkte sind unvorstellbar. Die Angestellten schreien ohnehin jede Minute ihr unvermeidliches 'Irasshaimase' (IRAßEIMAßÄÄÄÄÄÄ). Es bedeutet soviel wie 'Guten Tag. Kann ich ihnen weiterhelfen. Was darf´s denn sein?' und man hört es automatisch wenn man hier ein Geschäft betritt. Würd ich denen manchmal gerne zurückbrüllen. Ein Eindruck des Grundschulbesuchs war die Schulhymne während des Mittagessens. Ihr merkt es. In der Schule, wo so schon immer Lärm herrscht. Und wenn den Kindern dann das mal Maul gestopft wird, gibt’s Töne vom Band, per Lautsprecher in jedes Klassenzimmer, unterlegt mit irgend einer Durchsage, die sich das gesamte Essen hinzieht. Scheinbar werden hier lärmresistente Menschen erzogen, und für Nörgler wie mich gibt’s Ohropax.
Der Mensch ist gegen diese selbstverschuldet- lärmverschmutzte Umwelt natürlich gewappnet. Sony hat noise reducing Headphones rausgebracht. Die werde ich mir sicher bald zulegen. Und was den Rest betrifft halte ich mich an meinen lieben Papa, der mir in weiser Voraussicht viel Geduld wünschte.

Sonntag, Oktober 22, 2006

Tankstellen und Rastplätze

Wochenende! Bitter nötig. Diese Woche war echt Stress pur. Zunächst einmal ist da die Uni. So langsam dringe ich in Teile der Sprache hervor die ich in Mainz noch nicht gelernt habe. Dabei merke ich mit was für einem Tempo hier unterrichtet wird. Mindestens zwei Lektionen die Woche inklusive Vokabular und dazugehörigen Tests. Muss schon sagen. Aber von nix kommt nix und schliesslich bin ich hier um die Sprache zu lernen. Oder? Na ja, nebenbei gibt es auch die ein oder andere Verabredung. Ob Fussball, Kneipenabende mit Einheimischen, einmal wöchentlich für die Mädels zu kochen oder deutsche Stammtische in der Stadt. Es gibt allerhand zu tun und das schlaucht schonmal.

Für Freitag stand eine Kunstausstellung des DAAD an. Auf der Veranstaltung mit dem schönen Titel 'Butterbrot und Bier' gab es neben fotografischen Arbeiten auch eben jenes unverwechselbar deutsche Essen welches als Abendbrot bezeichnet wird und in dieser Form auf der Welt einzigartig ist. Wurst, Käse und gutes deutsches Brot wurden serviert und dazu gab es zwar japanisches, aber wohlschmeckendes Bier. Oh mann, wir haben echt reingehauen. Das Bier war erst mal überflüssig angesichts solch rarer Nahrungssubstanz. Erstmal. Nachher floss es dann doch ganz gut und gemeinsam mit den anderen deutschen Studis ging der Abend feucht fröhlich und ausnahmsweise mal ausschliesslich deutsch weiter. Ausgesprochen netter Abend.


Samstag timeout. Gelernt und früh schlafen gegangen. Auch solche Tage gibt’s. Steht vielleicht bildhaft für die Tatsache dass das Leben auch hier so seinen Trott bekommt und scheinbar selbstverständlich seinen Lauf nimmt. Ohne langweilig zu werden, aber immerhin soweit dass ich überlegen muss was ich in meinem Blog schreiben soll. Sitz ich dann mal dran fällt mir dann doch wieder was ein und das Ergebnis könnt ihr grad lesen. Ist vielleicht auch nur eine Stimmung. Gibt bestimmt noch genügend Sachen die ihr mit Interesse verfolgen würdet aber manchmal fehlt dafür der Ansatz. Ich aber noch einiges im Petto, glaubt mir.











Jedenfalls bin ich heute ins Grüne rausgefahren und hab allein für mich einen Aufstieg auf den 600m hohen Takao- san unternommen. War wieder mal ein schönes Erlebnis in der freien Natur, deren Wert mir im Kontrast der Metropole nur allzu deutlich wird. Bin halt ein Kind vom Lande. Und so atme ich die frische Luft in mich ein, wandere auf steilen Pfaden dem Gipfel entgegen und tanke mit jedem Schritt neue Energie die ich während der Woche zu genüge brauche. Nun sitze ich körperlich müde aber mental erfrischt in meinem Zimmer und lasse es mir gutgehen. Die nächste Woche kommt bestimmt, und wer mit wachsamen Sinnen durch die Gegend läuft kann viel erleben, braucht aber auch die nötige Kraft. Weiter geht’s.

Dienstag, Oktober 17, 2006

Doppelte Kontingenz und die Sozialisation durch Rechtsverkehr



Als Student aus Deutschland hat man hier in Tokio mit einigen Problemen zu kämpfen. Der morgendliche Pendlerverkehr ist davon bestimmt das nervigste Problem. Es ist vor allem ziemlich unumgänglich. Wenn man pünktlich in die Uni kommen möchte, muss man sich jeden Morgen aufs neue in den Zug zwängen und dort, eingequetscht zwischen schniefenden und hustenden, teils übel riechenden Anzug-Herren eine halbe Stunde ausharren. Von dort geht es in das Gedränge des Bahnhofs Shinjuku, um pünktlich den Zug zu erwischen, der einen dann zur Uni bringt.
In der Metropolregion Tokio wohnen ca. 34,5 Millionen Einwohner. Und es scheint, als würden die bei der morgendlichen Rush-Hour alle durch diesen Bahnhof wirbeln. Nach Angaben des japanischen Verkehrsamtes, steigen in Shinjuku, pro Tag im Durchschnitt etwa 2,3 Millionen Fahrgäste ein oder aus – in der Stoßzeit am Morgen verdichtet sich das auf etwa 500 Menschen, die pro Sekunde auf den ca. dreißig Bahnsteigen ein oder aussteigen. Das sorgt für ein erhebliches Gedränge auf den Gleisen, Rolltreppen und in den Schalterhallen. Um hier in den nächsten Zug umzusteigen, muss ich aus dem Zug raus, zum nächsten Aufgang laufen, die Treppe raufsteigen, durch die Bahnhofshalle hetzten, mich durch die Durchgangssperren quetschen, auf den nächsten Bahnsteig runter laufen um mich für den nächsten Zug anzustellen. Dabei achte ich nur darauf, niemandem über den Haufen zu rennen oder jemanden auf mich auflaufen zu lassen. Dabei ist die richtige Schrittgeschwindigkeit sehr wichtig. Ansonsten haste ich durch den Bahnhof, möchte möglichst schnell weiter, ohne nach links und rechts zu schauen. Ich gebe mich eher einem Fluss von Menschen hin, als dass ich selbst irgendwie agieren würde. Von weit oben sieht das bestimmt aus wie ein Ameisenhaufen - das reinste Chaos. Aber alles fließt und scheint irgendwie organisiert vor sich zu gehen.

Ortswechsel in ein ruhiges Viertel, außerhalb der Bahnhöfe, der Schaltzentralen des hektischen Pendlerverkehrs. Die Menschen kommen von der Arbeit nach Hause, kaufen hier und da noch etwas ein, telefonieren oder spazieren durch den Park. Eine alltägliche Szene, die mir viel weniger fremd erscheint als das morgendliche Bahnhofs-Chaos. Dennoch ist etwas fremd. Es ist der Linksverkehr. So schnell gewöhne ich mich da nicht dran. Ich gehe auf der falschen Straßenseite, Autos kommen mir in entgegengesetzter Fahrtrichtung entgegen. Bei den engen Straßen der Wohnviertel ist das schon mal beängstigend. Beim abendlichen Joggen werde ich fast überfahren. Um hier nicht in permanenter Lebensgefahr herumzulaufen, muss ich schon aufpassen und ziemlich aufmerksam sein. Aber warum ist das so? Warum will ich mich nach nur mehr anderthalb Monaten nicht daran gewöhnen und muss mich permanent an die andere Verkehrsrichtung erinnern um nicht über den Haufen gefahren zu werden?
Eine vergleichsweise harmlose Form eines Unfalls geschieht besonders häufig, wenn ich auf dem abendlichen Heimweg gedankenverloren durch die Straßen streife oder im Supermarkt durch die Regale schlendere. Plötzlich steht ein Japaner vor mir und es passiert etwas, was wohl jeder irgendwie kennt. Ich will intuitiv rechts vorbei, der Japaner will einen ebenso unbewusst links passieren. Beim zweiten Versuch wählen beide die jeweils andere Seite, mit dem gleichen Resultat. Dies geht so lange, bis einer abwartet und dem anderen den Vortritt lässt. Es ist möglicherweise nur meine persönliche Wahrnehmung, aber irgendwie scheint mir dieses Problem hier in Tokio häufiger vorzukommen. Warum ist das so? Woran liegt das?
Ebenso wie dem Pendlerchaos liegt diesem Problem menschlichen Zusammenlebens eine Systematik zu Grunde, für die ich eine fachliche Erklärung parat habe. Dafür muss ich zwar tief in die Kiste des soziologischen Grundwissens, aus der Frühphase meines Studiums greifen, aber es ist erstaunlich wie leicht das fällt, wenn man ein lebensweltliches Problem darauf anwenden kann. Der Pendlerverkehr im Bahnhof, meine Probleme mit dem Linksverkehr auf der Straße und die Häufigkeit von Zusammenstößen mit Japanern im Supermarkt sind nicht rein zufällig. Sie haben ein System und haben spezifische Folgen, die soziologisch erklärt werden können. Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass das Verhalten der Menschen in diesen Situationen berechenbar ist. Im Fachausdruck: Das Verhalten ist nicht kontingent.
Kontingenz beschreibt eigentlich nur die mögliche Andersartigkeit von Dingen. Alles ist demnach kontingent, kann anders sein als wir es wahrnehmen. Zum Beispiel das Wetter: Es kann regnen, schneien, windig oder sonnig sein. Das ist an sich nichts Besonderes. Kontingenz erhält dann Bedeutung, wenn man versucht sich an einem der möglichen Zustände zu orientieren und sein Verhalten von einem bestimmten Zustand abhängig macht. So, wie wenn wir morgens aus dem Fenster gucken und Wolken am Himmel sehen. Dann wissen wir, dass es Regnen könnte und planen entsprechend. Wir nehmen einen Schirm mit, legen regenfeste und warme Kleidung an und so weiter.
Spannend wird an Kontingenz orientiertes Verhalten erst in sozialen Situationen. Also dann, wenn mindestens zwei Personen anwesend sind und sich wahrnehmen können. In den beschriebenen Situationen, im Bahnhof, auf der Straße und im Supermarkt ist das der Fall. Kontingenz ist in sozialen Situationen deswegen so spannend, weil nun zwei Variablen auftreten. War die Wahl meiner Kleidung für einen wolkenreichen Tag, einseitig vom Blick in den Himmel abhängig, so kann in sozialen Situationen Verhalten wechselseitig voneinander abhängig gemacht werden.
Man stelle sich vor, dass zwei Personen (A und B) das Erscheinen auf einer Party voneinander abhängig machen, aber nicht wissen wie der andere Handelt. Vereinfachend wird angenommen, dass das Verhalten des jeweils anderen ausschließlich von dem des Anderen abhängt. Andere Dinge spielen keine Rolle. Weder das Wetter noch die Musik oder ob andere Gäste kommen. Des Weiteren ist es unwichtig, ob es um Erscheinen oder Abwesenheit geht. Solange A nicht weiß was B macht, kommt es zu keiner Entscheidung. Ein Handlungsdilemma, aus dem es ohne Hilfe keinen Ausweg gibt.
Theoretiker sehen eine Lösung dieses Problems sozialer Systeme in Organisationen. Diese funktionieren häufig formal, entsprechend einer definierten Ordnung, ohne Ansehen der Person, sozusagen nicht-sozial. Irgendwo ist schriftlich fixiert, dass A oder B auf der Party zu erscheinen haben. Sobald dies beiden bekannt ist, bekommt die Sache Schwung. Zum Beispiel geht Person A, weil sie weiß, dass B wegen beruflichen Verpflichtungen kommen muss. Daneben ist es auch vorstellbar, dass beide Personen sich innerlich verpflichtet fühlen, zu erscheinen. Etwa weil beide Person C gut kennen und von seinem Wunsch wissen, sie beide auf der Party zu begrüßen. Die Grundlage dieser inneren Verpflichtung sind Werte, bzw. die nicht hinterfragte Einsicht, dass man dem Wunsch der Einladung folgen soll. In der Fachsprache bezeichnet der Begriff Sozialisation den Prozess, durch den sich diese Verinnerlichung von Werten und Normen vollzieht.
Beide Lösungsansätze basieren auf Regeln – Regeln die in einem Fall aus formaler Organisation, im anderen auf Sozialisation und verinnerlichten Werten resultieren. Das was im Bahnhof höchst chaotisch anmutet, hat ebenfalls ein System, welches auf Regeln basiert. Und schon nähern wir uns der soziologischen Erklärung der dargestellten Probleme.
Die Strategie des reibungslosen Passierens im Bahnhof besteht darin, nicht auf Andere zu achten, einfach nur seinen eigenen Weg zu verfolgen. Jeder windet sich bestmöglich durch das Gewimmel, aber ohne den Kopf zu heben und nachzusehen, wo der Weg frei ist, sich eine Lücke zeigt. Jeder Passant bahnt sich, wie mit Scheuklappen, seinen Weg durch die Menge. Das Verhalten ist somit nicht kontingent, sondern in besonderem Maße berechenbar. Solange man seinen Weg kennt und die richtige Geschwindigkeit wählt, funktioniert das ganz prima. Versucht man aber auszuweichen oder durch Blickkontakt herauszufinden wo der nächste Passant wohl lang möchte oder bleibt sogar stehen, wird das System gestört. Dies verunsichert die anderen Passanten, sie wollen ihrerseits ausweichen und es kommt zu Zusammenstößen. Schon so mancher Westler hat dieses sensible System gestört, etwa indem er auf Andere warten wollte oder stehenblieb, um Fotos zu machen. Nur Anpassung führt hier zum Erfolg. Mache es so wie alle und auf keinen Fall anders. Dieser Imperativ verhindert das Auftreten kontingenten Verhaltens und sorgt so für ein reibungsloses und schnelles Passierverhalten in den großen, umtriebigen Bahnhöfen Japans und der Welt.
Die Situation im Supermarkt, der Zusammenstoß zwischen dem Japaner und mir, stellt ein sehr prägnantes Beispiel doppelter Kontingenz dar. Kontingent ist die Situation, solange weder ich, noch der Japaner ein Zeichen geben, an welcher Seite man vorbei möchte. Das jeweils andere Verhalten ist also prinzipiell kontingent. Es ist eine Variable mit den zwei gleich wahrscheinlichen Ausprägungen, links und rechts. Es ist wohl jedem schon einmal passiert. Der Grund warum es hier so häufig passiert, hängt eng mit meinem Problem zusammen, das ich mit dem Linksverkehr habe. Sie findet sich im Konzept der Sozialisation bzw. der Gewöhnung an Zustände. Warum ich beim Joggen fast über den Haufen gefahren werde, liegt daran, dass ich mich Zeit meines Lebens an den deutschen Rechtsverkehr gewöhnt habe. Mehr noch, als Kind wurde ich ständig ermahnt, vor dem Betreten der Straße nachzuschauen, ob sich ein Auto nähert: Erst links, dann rechts und dann wieder links. Der Gewöhnung ging sogar eine systematische Erziehung voraus. Nun weiß so ziemlich jeder, dass Erziehung nicht immer ihren Zweck erfüllt, sogar unbeabsichtigte Folgen haben kann. Zugegeben ist mein Beispiel nicht wirklich dazu geeignet, dies zu beweisen. Dennoch reise ich mit dem anerzogenen Wissen und dem Leitsatz „Links, rechts, links“ im Kopf, nach Japan und schon kehren sich die gutgemeinten Ratschläge ins Entgegengesetzte. Und so laufe ich Gefahr, unliebsame Bekanntschaft mit der Haube eines japanischen Kleinlasters zu machen. Egal wie häufig ich darauf aufmerksam gemacht werde, dass Autos von rechts und eben nicht von links angerast kommen können. Wenn ich mich gedankenverloren oder im Laufmodus einer Straße nähere, schaue ich intuitiv nach links und dann erst nach rechts. Jahrelange Gewöhnung und Erziehung, also Sozialisation, wirft man nicht auf einmal über den Haufen, auch wenn man dreimal fast überfahren wird. Darin gleichen sich die Menschen, ob Links- oder Rechtsverkehr herrscht.
Und die Strukturierung des Verkehrs hört nicht beim Straßenverkehr auf, sondern zeigt sich auch in Situationen wie dem oben beschriebenen Handlungsdilemma zwischen dem Japaner und mir im Supermarkt. Die Organisation des Verkehrs, die Fahrtrichtung, wird auch zum sozialen Konsens der Passanten: In Deutschland geht man, in der Regel rechts an Entgegenkommenden vorbei, in Japan macht man es umgekehrt. Diese Steuerung reduziert die Kontingenz des Verhaltens des jeweils Anderen auf ein Minimum. Da wir durch dieses unbewusste Passierverhalten zuverlässig gesteuert werden, kommt es unter uns doch recht selten zum oben beschriebenen Problem. Da die Japaner sich jedoch ein anderes Passierverhalten angewöhnt haben, eines das genau umgekehrt funktioniert als unseres, kommt es überdurchschnittlich häufig zu Zusammenstößen. Dies ist die soziologische Erklärung. Die Sozialisation des Verkehrs hält sich vorerst hartnäckig. Solange ich mich nicht anpasse, wird es auch weiterhin zu Zusammenstößen kommen. Aber eben auch, wenn ich als angepasster Westler auf einen Japaner treffe, der mein sozialisiertes Passierverhalten antizipiert und berücksichtigt. Dann ist alle Mühe vergebens. Das Problem tritt erneut auf.
Tokio ist angesichts der Enge der Straßen und der Menge der Menschen ein gutes Pflaster dieses alltägliche Problem zu erforschen und selbst zu erleben. Ich find´s irgendwie interessant. Jedenfalls war es mir wert diesen Abend damit zu verbringen, Euch dieses Problem näher zu bringen. Glaubt mir, das lässt einen wirklich nicht los. Gute Nacht!

Preisfrage: Was passiert denn, wenn ein Japaner der gerade aus seinem deutschen Exil zurückgekehrt ist, auf einen Deutschen trifft, der sich dank eines jahrelangen Aufenthaltes in Japan, an den Rechtsverkehr allmählich gewöhnt hat. Wie bisher werden Antworten als Kommentare gerne angenommen. Wer schnell ist, gewinnt.

Montag, Oktober 16, 2006

Nikko!

Zunächst mal ein erneutes Lob für die Schlaufüchse die mein Rätsel aus dem Taifun- Post lösen konnten. Alle Achtung!

Nikko! Ein japanisches Sprichwort: Sage nicht prachtvoll bevor du Nikko gesehen hast. Ist was dran. Mit dem Bus ging es in das Naturreservat; etwa zwei Stunden von Tokyo entfernt. Ein beliebtes Reiseziel, vor allem im Herbst wenn sich die Blätter verfärben und sich die bewaldeten Berghänge in ein strahlendes Farbenspiel verwandeln. Leider ist war noch nicht ganz die Zeit aber man konnte die Pracht schon erahnen. War auch so schön. Der Wasserfall gehört wie die gesamte Gegend zum Nationalpark und bot ein tosendes Schauspiel. Sehr beeindruckend.





Nach einem Mittagessen ging es zum Toshogu- Schrein, der mit dem buddhistischem Tempel und anderen Schreinen zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Für mich als alten Samuraifan ein unvergleichliches Erlebnis. Auf den Spuren der letzten Shôgune, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben. Habe mich einfach von der Atmosphäre verzaubern lassen und bin in Gedanken im mittelalterlichen Japan gelandet.





Die Schnitzerei mit den weltberühmten drei Affen verziert ist, die nichts (böses) Hören, Sehen und Sagen ist ebenfalls in Nikko zu bewundern. Insgesamt ein sehr geschichtsträchtiger und einfach schöner Ort über dessen Besichtigung ich sehr froh und dankbar bin.





Hier die Busladung Studis mit denen ich gemeinsam nach Nikko gefahren bin. Ist schon ein Haufen. Sehr international, bisweilen erstaunlich wie einfach man sich doch verstehen kann. Hat sich mittlerweile alles gut eingespielt und man weiss wie man miteinander umzugehen hat. Musste mich gerade noch in das Bild stürzen. Mach mich aber ganz gut da drin oder?

Fussball Teil sieben!

Ja es hat geklappt. Wieso auch nicht. Es war ja alles Offizielle geregelt und es konnte sich auf das Wesentliche konzentriert werden. Der grüne Tisch hat ausgedient, jetzt geht’s ans Eingemachte. Wichtig is´ auf´m Platz. Mit Reden wird man kein Weltmeister. Laktat schiesst keine Tore, Nakata schiesst Tore. War natürlich gespannt wie hier so gespielt wird. Also gings ab an die Uni, um die Ecke, bei mir im Viertel, schöner Campus und einiges von Studentenatmosphäre. Freies Rauchen, Miniröcke mal nicht als Teil der Schuluniform sondern einfach weil´s gut aussieht, eben jede Menge Jungvolk das sich zwischen den Vorlesungen auf dem Campus aufhält. Toll dass ich durch den Fussball einen Grund habe dorthin zu gehen. Na ja, wie war das wichtig is aufm Platz? Diesen gab es mitten auf dem Campus. Einen Aschenplatz. Nachdem die erste Unimannschaft ihr Training absolviert hatte konnte die zweite Mannschaft die so freundlich war mich aufzunehmen auf den Platz. Hab mich natürlich vorgestellt ohne groß Aufhebens um meine Person machen zu wollen. Ja Tach, ähh der Name ist..., soundso alt, mag Fussball, freu mich, das Runde muss ins Eckige usw...wurde gut aufgenommen, war schon so ne Art Attraktion, aber Fussballer, bzw. Sportler allgemein warten dann doch lieber die Leistung ab, das war hier nicht anders. Spitze waren einge Platzrandmiezen die während des Trainings ständig präsent waren und uns mit Wasser versorgten. Könnten wir in Deutschland auch mal einführen. Mädels vor. Das Training, viel mit Ball, sehr technikbezogen, keine Laufeinheiten. Japanisch halt. Pass, Dribbling, Pass, Dribbling, Pass, Schuss, vorbei. Wenn ihr mich fragt, zeigt sich die Krux des japanischen Fussballs schon in so kleinen Einheiten. Ist so ein Mikroeffekt mit Makroauswirkungen. Wenn die hier nicht lernen die Buden zu machen, dann werden sie´s auch später nicht können. Jedenfalls kaum Zug zum Tor, zu viel Dribblings und vergebene Möglichkeiten Treffer zu landen. Liegt möglicherweise am japanischen Gruppendenken dass niemand so feist ist und das Tor alleine schiessen möchte. Aber genug von meiner Analyse. Führt eh zu nix. Soll auch nicht so klingen als wurde hier kein Fussball gespielt. Die wussten schon was mit dem Ball anzufangen, und ich war durchaus gefordert. Insgesamt bin ich froh dass ich so so meine wöchentliche Einheit habe. Und das hiesige Campusleben hab ich ja schon in den ersten Zeilen als erlebenswert dargestellt, ne?

Dienstag, Oktober 10, 2006

Vom Fussball und anderen Ernsthaftigkeiten

Hallo, bin grad vom Treffen zurück und muss sagen, es war umwerfend. Am Campus angelangt wurden wir, von unserem Direktor angeführt, zu einem Konferenzraum gebracht in dem neben den jeweils drei Studenten (drei für Kendo, drei für Fußball) auch zwei Anzugträger saßen. Es wurde Tee serviert, Höflichkeiten wurden ausgetauscht und alles lief sehr förmlich ab. Wir mussten uns vorstellen und bevor ich endlich mit den Studis mal nen Termin klarmachen konnte wurde erstmal viel geredet, von dem ich leider nicht viel verstand. Sicher ging es um Sachen wie die Dauer unseres Aufenthaltes, unseren Status als Student der Uni und andere Sachen wo man sich anderswo eigentlich keine Gedanken drüber macht. Hier schon. Mit den Studis lief es dann kurz und knapp ab. Die Trainingstermine sind zwar täglich aber leider fast immer wenn ich Unterricht habe. Sehr schade, aber ich werde es einrichten können zwei mal pro Woche kommen zu können. Soweit ich die Studis verstanden hab geht das auch klar. Nen Trainer gibt’s nicht, aber der Platz sieht ganz gut aus und ich glaub dass ich da ganz gut aufgehoben bin. So nun kann gezockt werden. Donnerstag hab ich zugesagt. Kann´s immer noch nicht glauben dass so viel Zeit und so viel Aufwand betrieben werden musste bevor es losgeht, aber so ist das nunmal hier in Japan. Hat vielleicht auch was Gutes, denn auf diese Vereinbarung sollte ich mich doch nun verlassen können, oder?


Durch den Taifun, zum Fussballplatz!

Auf wiederholte Anfrage nach meinen fußballerischen Aktivitäten, informiere ich euch nun exklusiv über den Stand der Dinge. Muss dafür aber einige Tage zurück. Also ab in den Fluxkompensator, Freitag eingeben und erinnern. :'''!!!:::::zooooom::'''::::::**'::://^^°

Verdammt, verfluchter Regen. Schon gestern bin ich auf meinem Heimweg nass geworden. Dämlicher Taifun! Der Ausflug zur Grundschule hätte im Ölmantel auch mehr Spass gemacht. Die halbe Stunde Wartens auf den Bus wäre damit richtig lustig gewesen (#1). Mein Laune war nämlich blendend. Hmm, warum nochmal? Da war doch was. Ach ja ich hatte meine Fußballsachen mit. Jaa genau, es stand dieses Treffen mit zwei! Verantwortlichen des International Office an. Es sollte endlich losgehen, zur Mannschaft der Uni, dieser, meiner Uni. Das beste noch, dass dieses und weitere Treffen in unserem Wohnbezirk stattfinden sollte. Dort sollte ich vorgestellt werden. Laut des Direktors der International Division musste dieses eine Vorstellen noch sein, bevor ich dann auf mich alleine gestellt sein sollte. Wegen mir. Ich bin diesbezüglich schon einiges gewohnt. Also war die Spannung ständig präsent, während dieses nassen, grauen, vom Taifun verregneten Freitag. Nach dem Ausflug ging es nochmal für eine Stunde nach Hause, bevor das Treffen sein sollte. Musste eh aus den erneut triefenden Sachen raus (#2). Zehn Minuten! vor dem Treffen, klingelt mein Telefon. Ihr ahnt es. Ja Absage, ja das Wetter, diese Zumutung für die Herren, durch den Regen zu laufen, nicht vorstellbar. Welch ein Glück dass ich noch nicht unterwegs war. Die Herren wären nämlich andernfalls nicht pünktlich gekommen. Wie auch, bei ner halben Stunde anreise? Na ja, sämtliche Geduld beisammen genommen, an diesem eh schon ins Wasser gefallenen Freitag, und auf den Abend freuen. Es war nämlich Wochenende, und ein Kommilitone hat uns zum Umtrunk eingeladen. Der wohnt zwar am anderen Ende der Stadt, aber die Aussicht auf paar Bier, Sake, Chili und Crêpes war es wert den Weg auf uns zu nehmen. Nass zu werden war ich an diesem Tag schon gewohnt. Und was meine Geduld anging, die war an diesem Tag reichlich vorhanden. Also nochmal durch den Regen (#3) und ab auf die Bahn. Gemeinsam mit den drei deutschen Mädels sollten die 1 ½! Stunden Fahrt quer durch die Stadt nicht langweilig werden. Ich dachte mir mehrfach was das für ne Schnapsidee gewesen war, uns bei diesem Wetter überhaupt auf den Weg zu machen. Aber es sollte noch besser kommen. Angekommen, und mittlerweile wieder halbwegs trocken, packte ich die gelinde gesagt sehr grobe Wegbeschreibung aus und machte eine erste Erfassung der Situation. Stark, wir wussten nicht mal in welche Richtung es vom Bahnhof aus langgehen sollte. Also probierten wir beide. Telefonnummern oder andere praktische Hilfen wie eine präzise Beschreibung waren nicht vorhanden. Also trial and error. Error, kein Erfolg versteht sich. Nach einer halben Stunde Orientierungslosigkeit im Regensturm (#4) einigten wir uns die direkte Heimreise anzutreten. Die paar Bier die ich dabei hatte waren dabei als Nervennahrung ebenso wichtig wie dem Verdurstenden ein Tropfen Wasser. Denn das war echt frustrierend und unglaublich nervig. Und dann auch noch ohne überhaupt etwas zu erreichen. Wie das aber so ist, kann in solchen Situationen die Stimmung nur besser werden, was auch bei uns der Fall war. Fatalismus nennt man das dann schonmal. Und so traten wir komplett durchnässt und geschlagen die Heimreise an. Ich hatte zweites Schuhwerk dabei (siehe Bild), sodass ich aus den triefenden Schuhen rauskonnte. Am Heimatbahnhof angekommen, wurde noch kräftig Bier und Essen eingekauft um es uns im trockenen dann richtig gemütlich zu machen. Das wurde es dann auch, und nach erneutem Bad im Taifun (#5) erreichten wir erschöpft und (ihr wisst schon wie) unsere Wohnungen. Gemütlich wurde es dann auch und Tags drauf begrüßte mich strahlender Sonnenschein. Dieses Wetter hat sich bis heute gehalten, und auf heute wurde das Fussballtreffen verlegt. Mal sehen, es kann eigentlich nicht viel dazwischen kommen. Aber das Haus hab ich noch nicht verlassen und man kann ja nie wissen.


Wer kann mir nun sagen was es mit den Nummern im Text auf sich hat? Tipps werden als Kommentare gerne angenommen. Der erste richtige Tipp gewinnt!

富士山



Der selbe Blick wie unten. War an diesem schönen, klaren Sonntag nochmal da oben um endlich den Mt. Fuji, das Wahrzeichen Japans zu sehen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Hier ist er

Samstag, Oktober 07, 2006

News!

So dies und das ist in den letzten Tagen passiert. Hier eine Auswahl mit Bildern.

Das JLSP- Programm der Uni sieht Freitags manchmal Ausflüge vor. Letzte Woche war es das Erdbebenmuseum wo wir auf Erbeben, Taifune, Feuer und so weiter vorbereitet wurden. Nur ein vorbereiteter Tokioter ist ein Guter. Und so ist der Besuch in dieser Institution für jeden unheimlich wichtig. Na ja. War ganz interessant. Gestern haben wir dann eine Grundschule besucht. Ooooh kawai. Die Kleinen waren echt süss. Nach einer Eröffnungszeremonie in der Turnhalle durfte jeder von uns in eine Klasse. Ich bin in die Fünfte gekommen. Die Kinder haben etwas vorgetragen und es wurde gespielt. Sehr lustig und interessant. Die gleichen doch sehr den deutschen Kids die ich ja mal bei meinem Schulpraktikum auch in der Fünften kennenlernen durfte. Toll, ich wurde mit Origami beschenkt und habe eine große Karte mit Widmungen bekommen. Ma ich denke die kannst Du vielleicht in deine Schule nehmen. Schönes Erlebnis und für Euch ganzen Pädagogen da draussen bestimmt auch interessant.

Der Jonas mit der 5. Klasse der Omori 1st elementary school

Besuch von Asakusa, Tokio Downtown. Asakusa ist das wohl älteste Stadtviertel von Tokio. Als die Stadt im 17. Jahrhundert wuchs hat es hier angefangen. Hab dafür meinen freien Vormittag genutzt um Touristen auszuweichen und habe ein wirklich schönes Viertel mit großen Tempel und vielen kleinen Schreinen gefunden. Ein schön angelegter Garten mit Koi- Karpfen. Finde diese Architektur einfach bezaubernd.

Das Viertel sehr historisch mit vielen kleinen Geschäften und guten Esslokalen. Hab da Mittag gegessen, mir ein Bier aufschwatzen lassen (wirklich), in der Bahn die falsche Richtung gewählt und nur mal kurz die Augen zu gemacht. Fatal. 40 min zu spät zum Kurs. Muss das von den Japanern noch lernen wie sie es schaffen in der Bahn permanent zu schlagen und doch ihre Haltestelle finden. Überhaupt, die können echt überall schlafen. Diese Zimmerleute machen z.B. in der Mittagspause ein Schläfchen. Bewundernswert oder. Hiru- ne heisst Mittagschlaf. Ich liebe dieses Wort.

Diese Bilder sind auf dem Dach des Tokio Metropolitan Government entstanden. Unglaublich dieses Häusermeer bis zum Horizont und weiter. Das moderne Tokio im Kontrast zu dem ruhigen und bodenständigen Alstadtviertel und den schlafenden Zimmersleuten. Die Menschen hier schaffen es bei aller Hektik ruhig zu bleiben und gönnen sich pausen, ob auf der Baustelle oder in der U- Bahn.





Donnerstag, Oktober 05, 2006

Hakone National Park


Hakone. Mit etwa 1 ½ Stunden Zugfahrt von Tokio ein beliebtes Reiseziel für die gestressten Bewohner Tokios. Idyllisch gelegen am Mt. Fuji, ein Ort der auf Postkarten gehört wie ein Anzugträger in die Tokioter U- Bahn. Nach drei Wochen Hektik in der Grossstadt auch einmal genau das Richtige um durch zu atmen und etwas grün zu sehen. War schon mal nötig.

Ben aus Michigan und Amy aus London

Hakone, Japan- Tourismus vom feinsten. Komplett erschlossen und wenn man es so macht wie die Japaner erlebt man eine Aneinanderreihung von Verkehrsmitteln. Mit dem Hakone- round trip weekday pass kann man alles per Zug, Cable- Car, Seilbahn, Bus und Piratenschiff erschliessen. Ist doch toll, nicht immer nur diese öden U- Bahnen. Gedränge gibt’s aber bitte trotzdem, sonst erholt man sich ja noch. Scherz, aber ihr liegt falsch wenn ihr meint, dass die Japaner in dieser wunderschönen Landschaft mal einfach in Ruhe spazieren gehen wollen. All dieser Quatsch den man in unseren Naturparks erleben kann, scheint hier nicht gefragt zu sein. Die wenigen Hiking- Trails waren menschenleer. Und so kamen wir nach dem Cable Car, einem Bustransfer (weil eine Seilbahn gerade gewartet wurde), aber noch vor dem Piratenschiff zu unserem lang ersehnten Spaziergang im Grünen. Toll dass der Japaner dafür nichts übrig zu haben scheint denn so hatten wir den Weg für uns. Die waren bestimmt noch in einem Souvenirshop um Plüschtiere zu kaufen. Wir waren zu dritt (britisch- amerikanisch- deutsch) unterwegs und haben die Natur genossen. Die Bilder sprechen glaub ich für sich. Das Piratenschiff war dann auch toll. Echt authentisch, wie zu Zeiten der großen Seefahrernationen, als skrupellose Piraten die Weltmeere unsicher gemacht haben und sich nur die mutigsten am Kap der guten Hoffnung entlang getraut haben. Nur passt davon nichts nach Japan, geschweige denn nach Hakone und so ist es verständlich dass ich meine Begleitung nicht neben dem Pappkameraden Käpt´n Hook ablichten wollte. Hab mich eher für die Seen- Landschaft und die am Ufer gelegenen Schreintore interessiert. Die Japaner können in Hakone ja machen was sie wollen. Und da es Japaner sind war es auch erträglich. Wären es deutsche Touris gewesen (Mama ich will Pommes!), keine Ahnung was dann passiert wären. So war es ein schöner und erholsamer Ausflug, mit netten Leuten, toller Landschaft und einer Postkarte mehr.

Die Bilder alle ohne Japaner aber das Piratenschiff sagt doch schon alles, oder?

Sonntag, Oktober 01, 2006

サーッカ = Fussball?!

Samstagmittag, schön ausgepennt, die Bude wird sauber gemacht, das Auto gewaschen und Mami kocht grad Mittag...nun ja hier war`s nicht ganz so. Ist ja auch nicht Deutschland hier. Was aber defintiv vorhanden ist, ist die Vorfreude auf eine ganz normale Wochenendaktivität. Bundesliga! Fussball gucken! Welch Freude! Man weiß das die Menschen wie jede Woche in die Stadien strömen und sich dem ganz normalen Wahnsinn hingeben. Die Vorfreude auf die Sportschau ist ständig präsent, und man holt sich die letzten News über den Spieltag um beim Internettipp wieder mal glänzenden Sachverstand unter Beweis zu stellen. Fussball eben, und da sich mein Gefühl am Samstagmittag in dieser Hinsicht nicht von daheim unterscheidet zog es mich dieses Mal zum FC Tókyó. Nicht 1. FC Köln. J- League und nicht Bundesliga. Damit hätte ich auch die Mangelerscheinung angesprochen die ich hier am schwerwiegendsten empfinde (neben dem Essen). Fussball, als Zuschauer wie auch aktiv. Hat immer noch nichts geklappt, war aber auch nicht allzu aktiv hinterher. Zurück zum Thema. Ab in die Keio Linie, ab zum nagelneuen Ajinomoto Stadion. Heimat des grandiosen FC Tókyó. Ehemals Werkself des hiesigen Gaslieferanten, seid 1999 in der J- League. Die Stadt hat mit dem Verein etwa so viel zu tun wie es in Düsseldorf und der Fortuna der Fall ist (Tut mir leid dass ich dieses unwürdige Beispiel benutzen muss). Einfach kein Interesse und eigentlich kein Bedarf. Bei den Urawa Reds ist dies wie ich hörte anders. Die Stadt hat wohl nichts anderes und gilt als Fussballstadt. Das kommt in etwa der Bedeutung einiger Vereine für die jeweilige Stadt in good old germany gleich. Für den FC Tókyó konnte ich das nicht feststellen. Kann auch daran gelegen haben dass es einfach ein anderes Stadionerlebnis war. Nicht mitreissend aber interessant. Bin zu den Heimfans in die Kurve gegangen. Nach einer ziemlich gewöhnungsbedürftigen (aussprachebedingt) Version des Klassikers „You´ll never walk alone“ ging es dann los. Die Fans haben eine geschlagene Viertelstunde ein Lied gesungen. Ein Lied. Bis sie dann von der ersten Aktion auf dem Spielfeld unterbrochen wurden. Beeindruckend, mit welcher Disziplin die gesamte Kurve mitsang. Auch nach dem Rückschlägen die sie nach dem frühen 1-0 hinnehmen mussten wurde die Mannschaft weiter unterstützt. Die bot im Gegenzug ziemlich schlechten Fussball, und wurde verdient mit 1-4 vom Gast aus Niigata besiegt. Die Fans aus Niigata waren ebenfalls ständig präsent. Insgesamt war auffällig das Europa ( und Südamerika) mit seiner Fankultur einen wenig beachteten Exportartikel besitzt, der von den japanischen Fans gekonnt übernommen wird. Die Gesänge gleichen sich, es gibt organisierte Aktionen, Trommeln und Einheizer in der Kurve. Es gab Bier, zwar keine Stadionwurst aber anderes. Schlechte Spiele erwischt man auch in der Bundesliga. Dennoch war da etwas diffuses anderes. Es ist nicht das gleiche und so muss ich mich wohl noch etwas Gedulden, weiter fleissig den online Kicker lesen und so es denn geht mitfiebern. Europäische Fussballkultur...dafür gibt’s für mich in Japan nichts gleichwertiges. Ich
versuchs nochmal in Urawa. Bis dahin...Olé!

Kann man blöder gucken als ich auf dem Foto?
Den in Orange hab ich vor dem Stadion getroffen. Nettes Gespräch. Er war während der WM in Deutschland und war sehr begeistert. Hat mir wie in Japan üblich ein kleines Geschenk gemacht. Ein Fanhandtuch in Orange (irgendwie vorbelastet die Farbe) Hab ihm im Gegenzug ein Duplo- Klebebild von Lukas Podolski geschenkt...Aaah Lukasu Hodorusuki!



Fanatic nach vier stündiger Anreise aus Niigata



Die Anhänger von Albirex Niigata hatten unter traurig leeren Rängen was zu feiern...



lange Gesichter dagegen bei den Heimfans.