Freitag, November 19, 2010

Schöne neue Arbeitswelt

Eine kurze Rückmeldung und ein persönliches Feedback nach Vorstellungsgesprächen ist meines Erachtens das Mindeste, was Bewerber nach dem Gespräch verlangen können. Zumal ein solches Gespräch meist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist, die in meinem Fall glücklicherweise die Agentur für Arbeit übernommen hat. Wichtig finde ich auch, dass die Anwesenden Wertschätzung zeigen, für die Mühen die der Bewerber auf sich genommen hat. Er reist schließlich aus beiderseitigem Interesse an einer Beschäftigungsmöglichkeit an. Das zeigt sich in kleinen Gesten, einer freundlichen Begrüßung und einem Handschlag. Vielleicht einem Lächeln. Das entspannt die Situation und zeigt dem Bewerber, dass er willkommen ist. Ich fordere keinen roten Teppich, keine Atmosphäre eines Sonntag-Nachmittags. Es geht schlicht und einfach um einen höflichen und professionellen Umgang miteinander. Nicht mehr, nicht weniger. Dass es auch anders geht, durfte ich in einem Vorstellungegspräch im Norden Deutschlands erleben. Dass hier die norddeutsche Kühle verantwortlich war, kann ich ausschließen. Verhaltenscodes sind überregional verbreitet. Es war wohl einfach schlechter Stil und Unprofessionalität, die mich zu folgender Email bewegt haben.

"Sehr geehrter Herr,

dass Ihrerseits keine telefonische Rückmeldung zum Vorstellungsgespräch kam, ist zwar bedauerlich, angesichts des Eindrucks den ich mir von der Stelle und Ihrem Unternehmen machen konnte, für mich aber nicht weiter tragisch.
Nun möchte ich Ihnen eine Gelegenheit zum Feedback meinerseits geben. Ich habe keinerlei Einwände gegen den Ablauf des Gesprächs, die latente Prüfungssituation und den Druck. Das ist Ihre Methode, zu testen ob die Bewerber die für die Stelle erforderlichen Qualifikationen besitzen. Womit ich nicht einverstanden bin, ist die Tatsache, dass ich nach dreieinhalb Stunden Anreise und nach Ableisten des Testes, in Ihrem Büro weder von Ihnen, noch von der Mitarbeiterin eine Begrüßung, geschweige denn einen Handschlag angeboten bekomme. Dieses Vorgehen ist schlichtweg unprofessionell und wird Ihnen, da bin ich sicher, noch so manchen leistungsbereiten Bewerber vergraulen.

Mit freundlichen Grüßen,"

Die Antwort kam wenige Minuten später. Das Ausbleiben einer Rückmeldung wurde damit begründet, dass wegen Krankheit keine Abstimmung über die Auswahl der Bewerber vorgenommen werden konnte. Des Weiteren wurde mir für meinen offenen Worte gedankt und sich aufrichtig dafür entschuldigt, "grundlegende Höflichkeitsgesten" mir gegenüber unterlassen zu haben. Es sei dies weder beabsichtigt gewesen, noch für das Unternehmen üblich. Ob Sie recht in der Annahme gingen, dass ich für eine Beschäftigung nicht mehr in Frage käme.

Dabei stellt sich mir die Frage, warum Unternehmen die professionelle Auswahlverfahren abhalten, mich nicht über die Vertagung der Entscheidungsfindung informieren können. Schließlich sollte ich, "meine Hausaufgaben machen" (im Wortlaut) und zum vorgesehen Termin, am Telefon eine Zu- oder Absage geben können. Dass es auch anders geht, unter Einhaltung von Fristen und vor allem freundlich, beweisen meine und die Erfahrungen anderer Bewerber mit verschiedenen Arbeitgebern. Es ist nur auf Besserung zu hoffen.