Dienstag, Februar 27, 2007

山手線 - Die Yamanote

Hallo miteinander. Ich berichte ohne Umschweife von einer Unternehmung, deren Idee mir schon gleich beim ersten Hören so gut gefallen hatte, dass ich nicht lange warten konnte sie umzusetzen. Die Rede ist von einer Fahrradtour quer durch Tokio. Besser gesagt einmal um Tokio herum. Denn die Yamanote- sen führt einmal um den Stadtkern Tokios herum, und grenzt damit so in etwa das ein, was sich als Tokios Stadtmitte bezeichnen lässt. Physisch- geografisch stimmt das sicher nicht, schon mal gar nicht administrativ, oder so. Aber um ein Gefühl für die Größe und die Beschaffenheit dieser zumindest offiziell einwohnerstärksten Stadt der Welt zu bekommen eignet sich die Strecke gut. Dazu führt die Yamanote an vielen Bahnhöfen vorbei die ich so auch schon mal besucht hatte. Meine persönliche Landkarte bestand daher mehr aus zusammenhanglosen Flecken als aus einem großen Ganzen. Für die Vervollständigung meiner mental- map war diese Tour also auch hervorragend gewählt. Soweit stand also fest das dieses eine wunderbare dazu sportliche und obendrein noch kostenlose Aktion werden würde. Zumal ich ja meine Wochenenden fein und ordentlich planen muss um vor Monatsfrist (bissl länger aber egal) noch so viel wie möglich zu erleben. Diese Idee hatte Vorrang vor allem. Ich war nicht allein, dabei waren Tip und Koji. Vor allem letzterer als ortskundiger Japaner wichtig für die Orientierung. Fiel mir erst nachher auf das das ein ernsthaftes Problem hätte werden können. Über meine Karte jedenfalls führt die Yamanote an einigen Enden hinaus (Prahl!) Fakten: Die Yamanote ist täglich mit ca. 3,5mio Fahrgästen gesegnet, diese werden über 34,5km zu 29 Bahnhöfen befördert. Dafür benötigt sie etwa eine Stunde. Pro Tag fahren 667 Züge. Unsere Fahrräder vom Typ gewöhnlicher City Hopper (teils mit Körbchen), mit je einem Fahrgast. Für die 29 Bahnhöfe brauchten wir geschlagene 7 1/2 Stunden. Dabei waren etwa 6 Stunden netto Fahrzeit. Ganz Japanisch musste an jedem Bahnhof ein Beweisfoto gemacht werden, meist von Passanten, was zusätzlichen Zeitaufwand bedeutete. Darüber hinaus führte unser Weg, ich glaube von Koji nicht unbeabsichtigt, über ein Strassenfest in Otsuka. Die ganze Unternehmung musste eh schon eine Stunde verspätet in Angriff genommen werden, da Tip verschlafen hatte. Die Fahrräder waren eher mässig, dazu blies und zog der Wind wie Hechtsuppe. Bei diesen widrigen Bedingungen nun auch noch an jeder Station ein Foto schiessen und kostbare Zeit vergeuden? Meine Geduld war klar auf die Probe gestellt, und ich hab mir nicht nur einmal deutsche Tugenden wie konkrete Planung und Zielstrebigkeit gewünscht. Von Radwegen ganz zu schweigen. In der Tat mussten wir immer auf Bürgersteigen fahren die in Japan ja nicht grade leergefegt sind. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz schafften wir die Strecke. Im Nachhinein bin ich auch froh über die Fotos, sind sie doch nicht nur Beweis für die ganze Aktion, sondern auch für die meines Erachtens so erschwerenden Bedingungen. Nun, über Tokio hab ich nicht so viel neues rausgefunden. Stadtteile wirken dem ersten Anschein nach gleich, genauso zugebaut mit betongrauen Appartmenthäusern, Strassenzüge mit dicken Stromleitungen und darüberliegender Stadtautobahn und eben den Bahngleisen. Lichtblicke, wie Kanäle, kleine Parks und Friedhöfe und sogar die Meeranbindung wirken gedrungen und beengt von allem was drumherum ist. Tokio ist insgesamt nicht so gross wie ich gedacht hätte. 13.650 Einwohner/km² im Stadtgebiet. Was diese Zahl für die Stadt bedeutet habe ich nun erfahren, wenn ich es nicht eh schon wusste. Dichte Bebauung auf nicht so wirklich viel Fläche. Dabei wird in Japan nicht unbedingt hoch gebaut, dem Einzelnen steht halt nur wenig Platz zu. Das ständige Gefühl der Enge, der gefühlte Platzmangel sind das Resultat. (New York 10.359, Berlin 3.815 Einwohner/ km²; Wikipedia) Die Bahnhöfe dienen immer als Zentrum des Geschehens, mit irgendwie charmanten Fressläden neben den ewig gleichen Pachinko Hallen, Fastfood Restaurants, Combinis etc. Man muss schon ein wenig genauer hinsehen um Unterschiede auszumachen, was vom Fahrrad aus sicher nicht ganz so einfach war. Ein echter Tokioter kann da sicher mehr differenzieren. Meine innere Landkarte ist nun aber reicher, meine Erkältung auch nur halb so schlimm und ich bin ein klein bisschen stolz diese Tour gemacht zu haben. Mein persönlicher Tribut an diese Stadt, irgendwie stimmt das.

Natürlich habe ich Fotos gemacht und wie immer eine paar ausgewählt, der Rest ist auf Picasa (siehe Link).


Von yamanote!
Zwischen Tabata und Nippori. Grüner wirds nicht mehr...

Von yamanote!
WIR sind in Osaki. Wo bist DU?

Von yamanote!
Zwischen Ueno und Akihabara

Von yamanote!
Gotanda - Tip, Koji, Ulrich (v.li.n.re.)

Von yamanote!
Shibuya - diese Kreuzung mit dem Fahrrad...

Von yamanote!
Just cruisin' Shibuya

Von yamanote!
Yoyogi - im Hintergrud die Yamanote

5 Kommentare:

Ela in Köln hat gesagt…

Hätte ich das gewusst, hätte ich deinen blog nicht in der firma gelesen. allein die vorstellung deiner radtour hat mir vor lachen die tränen in die augen geschossen. und auch jetzt muss ich noch lachen, wenn ich mir dein gesicht vorstelle, als die tour eine stunde später los ging und du realisiert hast, was da auf dich zu kommt. sehr schön jonas.
weiter so...

Anonym hat gesagt…

schön, gibt stramme Wadeln! geh mal skype die Tage, lange nicht gesprochen!
Grüße!

Anonym hat gesagt…

hey joni,
hört sich alles sehr gut an. Geniess deine letzten Wochen in Japan.
Kuss Jennie

Anonym hat gesagt…

"als ich lernte die japaner zu lieben"--so oder so ähnlich werden deine letzten wochen in tokio verlebt! mach noch schön was rund, drüben!!

Ela in Köln hat gesagt…

da muss ich be mal unterstützen
junge, es ist märz... was ist los? bist du faul geworden? oder teilst du deinen letzten monat nicht mehr? :)
jonas bitte melde dich