Freitag, November 13, 2009

Am schönsten isset doch, wenn et schön is...休暇が大変ね。

Also, beendet hatte ich den letzten Post mit dem Verweis auf die japanischen Sommertage par excellence in Tokio. Die Erinnerung an diese Zeit ist noch ganz gut vorhanden. Im Anschluss an den Besuch von Dani und Maja in Tokio stand für mich die Besteigung des Mt. Fuji auf dem Programm. Nachdem in zwei Tage zuvor noch einen Zentnerschweren tragbaren Schrein durch Koiwa, irgend ein Vorortviertel von Tokio geschleppt hatte und dabei komische beschwörende Laute von mir gegeben hatte, war die Besteigung dieses über 3700 Meter hohen Vulkangipfels doch nur die logische Konsequenz. Wenn man die japanischen Traditionen befolgt allemal, denn drei Dinge tut der Japaner im Sommer, genau genommen gegen Ende August. 1. Sommer-Schreinfest 2. Bon-Tanz 3. Mt Fuji besteigen. Der Reihe nach. Die Bürde des Herumschleppen eines zentnerschweren Schreins nehmen die Bewohner eines Viertels auf sich, um dem verehrten Kami, der Gottheit des lokalen Schreins die Nachbarschaft zu zeigen. Dabei wird ein laut irgend ein Sermon wiederholt und der Schrein in die Luft gestemmt. Der Kami darf nämlich nicht einschlafen. Dies tun die ganz gerne, denn außer Sake trinken sowie Reiskuchen und andere japanische Spezialitäten zu verdrücken, tun die Guten nicht wirklich viel in ihrem Leben. Neben den ganzen Bitten und Anbetungen („Bitte lass mich die Prüfung bestehen“. „Bitte mach dass ich in Firma A komme“ etc pp) ist dieser Ausflug sicherlich sehr willkommen im Leben eines der abertausend landesweiten Gottheiten. Kami müsste man sein...

Von 200908_Tokio
Wo Schwerstarbeit verrichtet wird, bin ich nicht weit. Die Alten schultern nicht nur beim Schreinfest so einiges weg in Japan.

Von 200908_Tokio
Ersma' Bierchen. Alle Nase lang gabs ne Pause für die Langnasen.

Von 200908_Tokio
Suica. Wassermelone. Teuer! Der Kami machts möglich!

Von 200908_Tokio
Bon-Odori für jung und alt...

Von 200908_Tokio
für die Mädels...

Von 200908_Tokio
aber nix für mich.

Auf dem Mt. Fuji sitzt auch einer dieser Kami-samas. Im Winter hat der seine Ruhe. Im Sommer, ganz besonders in den letzten Augusttagen ist es dort hingegen alles andere als ruhig. Dann nämlich pilgern die Japaner zum Fuji und nehmen die „charrenji“ (Herausforderung) der Besteigung diese Wahrzeichens auf sich. Jeder Japaner sollte das mindestens einmal gemacht haben. Sagt der Volksmund. Wer es zweimal macht ist bekloppt. Sage ich (und einige andere) aber dazu später mehr. Im August also, kurz bevor die Busunternehmen den Fahrtservice auf die fünfte Höhenstation einstellen und man sicher vor Schnee ist, ist dort also ein Andrang zu beobachten, der Shinjuku zur Rush-hour in nichts nachsteht. Um es vorweg zu nehmen. Ich habe Schlange gestanden um auf den Gipfel zu kommen. Und das auf über 3000 Metern Höhe, nach mehreren Stunden in bitterer Kälte. Schlange stehen. Meine persönliche Lieblingsbeschäftigung. Ein Grund zum Umkehren war das nun nicht, aber trotzdem nervig. Entschädigt wurde ich durch den Anblick des Sonnenaufgangs. Sozusagen der Inbegriff eines Sonnenaufgangs, im fernen Osten auf 4000 Metern Höhe. Wirklich ein schönes Erlebnis.

Von 200908_Tokio
朝日日本!Sonnenaufgang hoch über dem Land der aufgehenden Sonne.

Von 200908_Tokio
Müde Gipfelstürmer. お疲れ~

Nach einem einwöchigen Erholungsurlaub in Thailand ging es mit Vollgas an die Diplomarbeit. Mit durchaus vorzeigbaren Ergebnissen, denen aber noch die nötige Reife fehlt um die Arbeit abzugeben. Will sagen ich nehme Arbeit mit nach Hause, will sagen, mehr will ich dazu nicht sagen.

Als ich Anfang Oktober endlich Besuch von Marie bekam und mein Strohwitwer-Dasein wenigstens vorübergehend ein Ende hatte war ich schon wieder voll drin im Alltag der Sprachschule. Nur dass im Vergleich zum Vorsemester, mir die Kanji-Zeichen nur so um die Ohren flogen und ich sehr schnell erkannte, dass mit wenig Aufwand hier nur nichts zu erreichen ist. Nun ich habe den Kampf angenommen, mich für den JLPT auf Stufe 2 angemeldet und bin erstmal in Urlaub gehfahren. Wuhu!
Marie und ich hatten eine wunderbare Zeit gemeinsam. Die anfänglichen Regentage in Tokio sollten mit dem Taifun Melor ein Ende finden. Ihm ist zu verdanken dass ein Schultag ausfiel und ich mit Marie ausschlafen konnte. Danke Kami-sama. Nach einigen Tagen in Tokio ging es also nach Osaka, anschließend nach Nara und zum Abschluss für zwei Tage nach Kioto. Eine Tour voller schöner Eindrücke und die ich mit Marie mit aller Ruhe und Gelassenheit genießen konnte. Eine Auswahl an Bildern ist hier wohl angebracht.

Von 200910_Urlaub Japan
Marie steht auf Osaka. Und auf Japaner mit Atze-Frisur und stylischen weiße Stiefelletten.


Von 200910_Urlaub Japan
Ich steh auf Nara und Steinlaternen.

Von 200910_Urlaub Japan
Wir beide stehn auf der Brücke in Arashiyama in Kioto und lassen es ganz ruhig angehen.

Von 200910_Urlaub Japan
Der goldene Tempel und vor allem vieeele Touristen...

Von 200910_Urlaub Japan
Kyoumizu-dera hoch über den Dächern von Kioto

Von 200910_Urlaub Japan
Pose? Welche Pose? Bier, was denn für Bier?

Nach den vier Tagen in Kansai ging es für ganze 8 Tage nach Ishigaki, einer kleineren Insel südlich der Okinawa-Hauptinsel. Tropische Flora, weiße Sandstrände und Korallenriffe sollten nicht zu viel versprochen sein. Eine gute Wahl war auch unser Hostel. Neben der Inhaberfamilie mit den beiden netten und ebenso vitalen 2- und 4-jährigen Raubauken Tean und Namu waren dort eine Reihe netter Gäste anzutreffen mit denen wir uns abends zusammenfanden um gemeinsam zu kochen, die lokalen Spezialitäten zu genießen und das ein oder andere Bier zu trinken. Die Lage des Hostels, genau zwischen zwei völlig unterschiedlichen Buchten sorgte für Abwechslung bei den Strandausflügen und die vielen Diving-Shops erinnerten mich an die Manta-Rochen die es an verschiedenen Tauchspots zu sehen geben sollte. An einem Bilderbuchtag, spiegelglatter See und klarer Sicht durfte ich nach mehreren Jahren also noch einmal Unterwasserluft schnappen. Diverse Arten tropischer Korallenfische waren ebenso zu sehen wie der versprochene Manta-Rochen, wobei einer dieser drolligen Haifische uns bereits auf dem Weg zum Spot vom Wasser aus grüßte. Nach dem Motto „Hier geht’s lang. Ich komm gleich nach!“ Wirklich vom Feinsten.

Von 200910_Urlaub Japan
Unterwasserluft

Von 200910_Urlaub Japan
Verstrahlt!

Von 200910_Urlaub Japan
Verträumt!

Von 200910_Urlaub Japan
Der lange Weg bis zum Riff.

Von 200910_Urlaub Japan
Iriwa Guesthouse. Gutes Essen, nette Menschen und viel v

Von 200910_Urlaub Japan
Tean. 100% 元気!100% Power.

Von 200910_Urlaub Japan
Que romantique!

Ansonsten hatten wir natürlich viel Zeit zum dösen und schlafen, essen, spazieren und fotografieren, schwimmen, schnorcheln, lesen, quatschen und dummzeuchmachen. Durch die Hostelkids wurde es auch bei schlechtem Wetter nie langweilig und wenn wir mal in die Stadt mussten genügte es trampenderweise zehn Minuten zu warten woraufhin ein netter Inselbewohner oder Tourist anhielt und uns mitnahm. (Drollig die Japaner, wie sie fast einen Unfall bauen um sich zu entschuldigen dass sie unhöflicherweise in die falsche Richtung weiter mussten).

Von 200910_Urlaub Japan
8 Tage Okinawa! Dem ist nichts hinzuzufügen!

Nach den acht Tagen fand unsere Reise ein Ende und wir mussten aus der gechillten Inselatmosphäre zurück ins rastlose Tokio. Tags drauf hies es noch einmal Abschied nehmen. Seitdem ist das Vokabelheft mein ständiger Begleiter und die Tage gleichen sich irgendwie viel zu sehr. Einige neue Bekanntschaften sind geschlossen, die wahrscheinlich genauso schnell wieder verfliegen wie sie hergestellt wurden. Die Station Japan ist für mich, seid dem Urlaub mit Marie nur noch eine Situation auf Zeit, die ich mit Spass, aber vor allem auch erforderlicher Arbeitsdisziplin mehr oder weniger absitze. Ja, das geht, womit ich vor allem den Spass an der Sache meine. Das der Blog so leidet liegt an beidem. Meine freie Zeit verbringe ich nur ungern an PC und Schreibtisch und da der Blog nur so gefüllt werden kann, schreib ich halt recht wenig. Aber nun ist ja einiges nachgeholt und vielleicht fällt es nun einfacher mal kurz was nachzuschieben.
Ich freue mich jedenfalls auf den nächsten, vorerst letzten Monat in Tokio und betone meine feste Absicht davon zu berichten. Bis dahin, またね!

Mittwoch, August 26, 2009

Mach Neu!

Soooo viel Neues! Da frag ich mich selbst, warum ich mich in einem Nachtrag mit den alten Socken des japanischen Schulalltags beschäftigt habe. Nun, vielleicht weil das meine Perspektive auf Japan ist. Eben mein Alltag. Wenn ihr so wollt eine ehrliche und ausführliche Antwort auf die Frage wie es mir so geht.
Im Moment ist dieser Alltag weit weg. Die Schule pausiert, ich schreibe und forsche fleißig an meiner Diplomarbeit. Freie Zeiteinteilung. Heut mal in die Bibliothek, morgen zur Sprechstunde meiner Professorin. Dann mal ein Tag Pause, raus aus der Stadt. Dann zwei Tage schreiben... So wie man das als Student machen kann. So wie ich das auch mag, auch wenn man permanent Arbeit im Nacken hat. Unter diesen Bedingungen eine gute Work-Life Balance zu finden, damit hatte ich ja noch nie so wirklich Probleme. Ist schon cool wenn man sich morgens nicht in die Bahn quetschen muss. Dazu kommt dass ich mich mein Thema motiviert und ich hier schon tolle Möglichkeiten habe, dazu etwas herauszufinden. Auch wenn es besser sein könnte, mit den Bibliotheken, dem Zugang zu Daten etc. Da zeigt sich wieder der Wahnsinn des japanischen Alltags. Die Bib von meinem Fachbereich Wirtschaft hat so gut wie gar keine Literatur für mich. Um in andere Uni-Bibliotheken zu kommen, brauche ich eine Einladung die diese Bibliothek auf Anfrage meiner Hausbibliothek ausspricht. Jeweils für einen Tag! Und wenn beide Bibs in verschiedenen Stadtteilen liegen kann man sich ausmalen was dass bedeutet. Da sind in Deutschland schon paradiesische Zustände. Es lässt sich aber alles planen wenn man die Zeit mitbringt. Und die habe ich ja. Und so geht es mit meiner Arbeit voran.
Viel Zeit hatten auch meine beiden Cousins, Maja und Dani mitgebracht. Insgesamt einen Monat haben sie sich genommen um das Land zu bereisen. Insgesamt zwei mal waren die beiden in Tokio und ich natürlich mit ihnen unterwegs. Das hat mich dann dem Diplomarbeitsalltag entrissen, und vor allem meine bisweilen negative Haltung zu Land und Leuten um eine frische Perspektive erweitert. Aufgefrischt sozusagen, denn ganz so neu war das alles nicht. Was genau, das erzählt der Ablauf des ersten Tages mit den beiden. Ein Tagesablauf nach Maß:
Start im Government Tower, Shinjuku. In 333 Metern Höhe den Überblick über die Stadt, meinen Lebensraum wiedergefunden. Wieder unten, ab nach Harajuku. Shopping auf der Omotesando. Pause in einem Künstlerkaffee (Café Na). Blick auf eine Straßenkreuzung, beobachten der Passanten. Analyse der Mode Tokios, Kreativitäts- und Individualitätswahn. Unterhaltung über Tokio und Japan.


Weiter nach Shibuya.


Haarschnitt für Dani - zu meinem und Majas Vergnügen. Abendessen im Izakaya. Edamameee!


Danach in die Nonbei yokochou, die Straße direkt am Bahndamm der Yamanote, mit einer Vielzahl kleiner, eng gedrungener Kneipen (siehe Eintrag vom 26. April). Dort gleich mit Barkeeper und Gästen ins Gespräch gekommen. Über das Reisen. Deutschland und Japan, Tokio und die Menschen, bei Tag und bei Nacht. Über Essen und Trinken. Über Liebe und Heirat. Über alles eben. Und das bei vorzüglich gemixten Getränken. Hier konnten wir uns anfreunden mit Oda-san und Miho-san. Einem nur auf den ersten Blick ungleichen Duo.


Ooda-san lud uns in eine seiner Bars in Shinjuku ein, wo wir einige Tage später vorzüglich essen, und weitere Treffen mit Miho planen konnten.
Insgesamt habe ich mit Maja und Dani eine tolle Zeit hier gehabt. Ihr Urlaub, war auch der meine. Gemeinsam hatten wir einzigartige Erlebnisse. Ich konnte vieles von meinem persönlichen Tokio zeigen und mitteilen. Und die beiden konnten durch ihre frische Perspektive meine eingerostete Begeisterung für diese Stadt wiederbeleben. Speziell der beschriebene erste Tag mit den beiden gibt das wieder und war deswegen für mich auch so besonders. Wir haben uns einfach treiben lassen und alles genau richtig gemacht. Ich konnte meine wenigen Insider-Kenntnisse perfekt ausspielen, was für jeden Reisenden bekanntlich unbezahlbar ist. Zu unser aller Freude. Insgesamt also ein perfekter Tag. Ein Tag wie ich ihn in meinem bisherigen Aufenthalt noch nicht hatte. Wenn ich mich manchmal frage, warum ich überhaupt noch einmal nach Tokio gekommen bin, an diesem Tag konnte ich die Gründe finden. Gründe? Vielleicht doch eher massig Beispiele, warum Japan/Tokio Spass macht und doch lebenswert ist. Ich werde versuchen es zu bewahren.

Bleibt mir noch eine kurze Vorschau auf zwei Dinge:
Mein japanisches Sommerwochenende nach Maß, mit Schreinfest in Koiwa und der Besteigung des Fuji. Sowie meine Reise nach Thailand die mich ganz aktuell, gleich geht’s in den Flieger, mit Vorfreude erfüllt. Sollte nicht schwer werden Beispiele zu finden, warum Asien Spass macht und doch lebenswert ist ;-) Ich werde berichten!

alle Bilder: © Daniel Feldrappe

Donnerstag, August 13, 2009

Nachtrag. Zusammenfassung. Ambivalenzen. Eine Metapher.

Von 200907_Tokio

Sitze derzeit fleißig an meiner Diplomarbeit. In too deep, wie das Foto zeigt. Fette Schwärze auch zwischen den Zeilen. So sieht das manchmal aus.
Schulde dem Blog Aktualität, nicht zu knapp. Poste nun erstmal einen Nachtrag, bevor ich mich an die Auswahl der Fotos und einen Bericht zum Besuch von Maja und Dani mache.

Seid April bin ich nun schon wieder hier. Die Sprachkurse sind vorbei, viele ziehen zurück in ihre Heimat, nach Deutschland, die USA, Thailand, Frankreich und wohin auch immer.
Zeit für mich ein bisschen zusammenzufassen was hier so passiert ist in den vergangenen Monaten.
Meine Klasse war schon besonders lustig. Jeder war mit der nötigen Konzentration und Motivation beim Lernen, aber eben auch ohne den Spass aus den Augen zu verlieren. So gab es dann regelmäßig Treffen und Parties auf denen oft auch bis in den frühen Morgen rein gefeiert wurde. Unvergessen das Okinawa-Izakaya mit anschliessender Fotosession vor der Glitzerkulisse Shinjukus, das Barbecue im Grünen und der anschließende Strandbesuch. Die spontane Montagsparty mit zu viel von dem koreanischem Billigsake etc. Diese bisweilen heftigen Parties der C-Class und den japanischen Volunteers waren oft der verdiente Lohn der oft stressigen Woche in der Sprachschule mit jeder Menge Tests, Hausaufgaben etc. Meinen Vorsatz am Wochenende fleißig und gewissenhaft an meiner Diplomarbeit zu basteln konnte ich nur unter Berücksichtigung dieser notwendigen Feieraktivitäten einlösen. Es gibt nur sieben Tage die Woche ohne Zeit zum Verschnaufen geht’s nicht. Soviel hab ich dann doch gemerkt. Notwendig war es eben oft, einfach mal die Sachen ruhen zu lassen und die Hektik und den Frust des Alltags als Gaijin (wörtlich Fremder) in der oft wenig toleranten japanischen Gesellschaft bei ein paar Bier sacken zu lassen. Mein deutscher Kollege Eicke der nun leider hier die Segel streicht und nach Berlin zurückfliegt war da oftmals der richtige Gesprächspartner. Mal sehn wie ich das ab jetzt hinbekomme, denn Stress, Hektik und der Kulturshock bleiben hier.
Oft ist es doch eine Art Hassliebe die mein Verhältnis zu dem Land und seinen Leuten am ehesten beschreibt. Vielleicht wird das im Folgenden klarer:
Pendlerzug und tote Gesichter am Morgen. 35 Grad und fiese Schwüle. Lärm und Gedränge am Bahnhof. Gesellschaftliche Zustände die nur schwer nachzuvollziehen sind z.B. Bahnangestellte die während des Pendelverkehrs Kaugummi vom Boden kratzen, eine Verkäuferin die einer Maschine gleich die Kundenwünsche abwickelt und der die Traurigkeit aus dem Gesicht springt. Da staut sich dann oft was auf, was nur schwer zu verarbeiten ist. Oft entlädt sich alles in einem Pauschalurteil: Alle verrückt! Hier läuft alles verkehrt. Bloß schnell weg.
Das totale Gegenteil dann wenn man sich mit interessanten Leuten trifft. Man lässt es locker angehen. Die Atmosphäre ist gelassen. Freundliche Gesichter. Ich lache mit den Japanern. Ich lache über die Japaner. Genieße die Gastlichkeit dieses Landes und das gute Essen. Trinke was. Rede über alles mögliche mit Leuten aus aller Welt. Das Leben ist schön und wir feiern das Leben und uns selbst. Irgendwie geht das hier schnell und problemlos. Den Alltag auszublenden, dass ist hier einfach, und ist auch das was Japaner wollen in ihrer Freizeit. Irgendwie wirken die Menschen dann wie ausgetauscht und alles ist locker und entspannt, freundlich und unverbindlich. Man kann sich treiben lassen und die freien Stunden in der leuchtenden Weltstadt geniessen. Es geht schon wieder früh genug in die harte Realität zurück. Bis dahin ist Spass verordnet.
Offensichtlich geht das nicht nur mir so. Scheinbar ist das ein Prinzip nach dem die Stadt hier funktioniert. Der Organismus Tokio. Die Züge, U-Bahnen und Straßen sind die Nervenbahnen. Die großen zentralen Bahnhöfe die Knotenpunkte, wo alles zusammenläuft. Hier kann man erfahren in welcher Stimmung, in welcher Verfassung der Organismus ist. Hier kann man es beobachten in den Gesichtern der Menschen. Ob fröhlich und farbenfroh in der 19 Uhr Bahn nach Shinjuku oder grau vergrämt im morgendlichen Pendlerzug aus Chiba. Der Organismus, die Stadt funktioniert. Die Menschen brauchen die Stadt und die Stadt braucht die Menschen. Mal grau und mal bunt. Alles passt, ist aufeinander abgestimmt. Der Mensch als Rädchen im Getriebe. Die Funktionen des Organismus, die Unterordnung des Menschen unter diese Imperative. Diese Fiktion mutet hier schon sehr real an. Bloß denkt man da nicht drüber nach wenn man im täglichen Trott zur Arbeit oder zur Schule und zurück pendelt. Als Teil des Systems fehlt die distanzierte Perspektive, die Obenaufsicht. Entsprechend orientieren sich alle Bedürfnisse erst einmal an den unmittelbaren Gegebenheiten. Der Sitzplatz in der Bahn zählt dann mehr als ein Überdenken der großen Zusammenhänge. Ohne Aussicht auf Änderung, die Uhrzeit im Blick.

Donnerstag, Juli 16, 2009

Salaried Nightmare Overtime Mainstream

Ich prahle derzeit mit Fragen aus japanischer Umfrageforschung, die ich hier in mühsamer Kleinarbeit übersetze und versuche zu verstehen. Insofern sei mir ein gewisses Mitteilungsbedürfnis erlaubt. Mehr noch. Da ich der japanischen Kanjis längst so mächtig bin, um ohne Übersetzer klar zu kommen, muss ich permanent am Computer sitzen und diesen unglaublich cleveren Übersetzer namens Rikai-chan nutzen. Ist nicht auszumalen wie lang ich dafür brauchen würde wenn es dieses nette Add-on nicht gäbe. Dann könnt ich gleich einpacken, bzw. wäre gar nicht auf die Idee gekommen, tatsächlich mit japanissprachigen Daten zu arbeiten. Einer zügigen Bearbeitung meiner Arbeit wäre diese Entscheidung sicherlich abträglich gewesen. Aber mir geht es ja nicht ums fertig werden, neein...Ich will was rausfinden und weltbewegende Erkenntnisse präsentieren. Mal sehen...Bevor ich mit Ergebnissen prahlen kann (vorausgesetzt es interessiert überhaupt jemanden) präsentiere ich erstmal einige Fragen die hier in der jährlichen Umfrage unter Ober- und Hochschulabsolventen vorkommen. Allein die Tatsache dass diese Fragen in der Realität tatsächlich schwierige Entscheidungssituationen darstellen zeigt schon einiges über die Arbeitskultur dieses Landes. Der Kulturunterschied, um den es hier ja des öfteren geht, wird solch jedem eröffnen der die folgenden Fragen versucht im eigenen Kontext zu denken und mit Sicherheit keine Probleme haben wird sie zu beantworten...

上司も加わったミーティングの席ですばらしいアイデアを思いつきましたが、すぐ上の先輩と意見が対立しそうです。このときあなたは、・・・
1. 先輩の顔をたててだまっている
2. 自分の意見をはっきり言う
Sie sind bei einem Meeting an dem auch Ihr unmittelbarer Vorgesetzter teilnimmt. Sie haben eine gute und überzeugende Idee und tragen diese vor. Daraufhin stellt ein ranghöherer Kollege (Senpai) eine entgegen gesetzte Meinung vor. Wie reagieren Sie? Bitte wählen Sie eine der Antworten:
1. Um das Gesicht meines Vorgesetzten (Senpais) zu wahren, bleibe ich ruhig und sage nichts.
2. Ich trage meine Meinung/Idee erneut klar und deutlich vor und mache meinen Standpunkt deutlich.

職場の人たちで飲みに行くことになりました。そこでは職場のウラ情報が聞けそうです。しかし、あなたには今晩、学校時代の友人との先約があります。このときあなたは、・・・
1. 職場の飲み会に出る
2. 友人との飲み会に出る
Sie erfahren kurzfristig dass im Anschluss an die Arbeit eine Party/ein informelles Treffen zum Trinken (Nomikai) mit Ihren Kollegen stattfindet. Sie haben bereits eine andere Verabredung mit einem Bekannten aus ihrer Schul- oder Studienzeit. Was machen Sie?
1. Ich gehe zum Nomikai (Umtrunk)
2. Ich gehe zur Verabredung mit meinem Bekannten

職場の上司、同僚が残業していても、自分の仕事が終わったら帰る 
Stimmen Sie folgender Aussage zu?
Meine Kollegen und Vorgesetzten machen Überstunden. Da ich alle meine Arbeit erledigt habe gehe ich nach Hause.

給料の決め方(給与体系)
1. 各人の業績や能力が大きく影響する給与システム
2. 業績や能力よりも、年齢・経験を重視して給与が上がるシステム
Welches Lohnsystem trifft am ehesten auf Ihre Arbeitsstelle zu?
1. Leistungsbezogenes Entlohnungssystem: Die eigenen Leistungen und Fähigkeiten haben den größten Einfluss auf das Gehalt.
2. Entlohnungssystem nach dem Senioritätsprinzip: Wichtiger als persönliche Fähigkeiten und die eigene Leistung sind das Alter und die Erfahrung eines Angestellten

Und selbst wenn ihr Euch nach massig Überstunden, mit Mangel an Mitsprache am Arbeitsplatz und magerem Gehalt, nach Hause geschleppt habt, alle Freunde es aufgegeben haben Euch zu erreichen und ihr nun zu erschöpft und ausgebrannt seid, Euch eine Meinung zu bilden, glaubt mir, habt ihr dem gemeinen Japanischen Salary-man immer noch einiges voraus.

Dienstag, Juli 07, 2009

Tag am Meer

Es ist wieder soweit. Ich muss wieder mit einer Speech den drögen Japanischunterricht aufpeppen. Nun diesmal sollte es nicht schwer werden. Es werden sicher wahre Ströme der Begeisterung über mich hereinbrechen. Das liegt nicht an meinen rhetorischen Fähigkeiten. Auch nicht irgendeiner Teutonen-Exotik. Es liegt daran, dass der Großteil meines Publikums ziemlich genau Bescheid weiß worüber ich diesmal auf japanisch radebreche. Mehr noch, mein Publikum ist emotional involviert und ich nutze diese Beteiligung aus um noch überzeugender vorzutragen. Es geht um vergangenen Samstag. Am Wochenende ging es endlich mal raus aus der Stadt mit dem Ziel des Campus für „Bio-Resource Sciences“ der Nihon Uni. Verheißungsvoll war es, denn nicht zum lernen, sondern zum Barbecue hatten wir uns im Rahmen meiner Japanischklasse aufgemacht. Ich betone Barbecue. Es Grillen zu nennen, würde ich dieses Wort zu sehr zweckentfremden. Außerdem war der 4.Juli, und an diesem Tag kann man derlei Aktivitäten ruhig mal Barbecue nennen. Rebekah, meine amerikanische Kommilitonin würde hier auch widersprechen, schließlich gab es keine Barbecuesauce aber lassen wir das...Also aufgesessen, pünktlich wie die Stechuhr in Shinjuku gestanden, auf die Nachzügler gewartet (Stichwort kulturelle Auslegung von Pünktlichkeit) und dann raus ins Grüne. Der Campus wartete mit allem auf, was ich aus meiner Heimat dem beschaulichen Übach-Palenberg gewohnt bin. Eine vollwertige landwirtschaftliche Anlage haben die da. Die mitgereisten Stadtkinder staunten nicht schlecht über das Vieh, die Weiden, die Nutzgärten etc. Ich für meinen Teil interessierte mich erst einmal für das Ende der Nahrungskette, das bereits verarbeitete Vieh und Grünzeug. Und den Grill. Als die Kohle dann endlich glühte, wurde oben drauf eine Art Pfanne installiert und hauchzartes Rindfleisch, diverse Gemüse und Pilze arrangiert. Dazu reicht man dann eine Art Marinade, in die das Fleisch dann direkt vom Grill getunkt wird. Ganz hervorragend. Ohne Chips, Hotdogs, und Ketchup lief das BBQ dann doch nicht ab. Amerikaner haben da scheinbar ganz bestimmte Vorstellungen. Wir aßen uns die Bäuche rund und tranken im strahlenden Sonnenschein dazu das ein oder andere Bierchen.



Der Trip hätte sich nur halb gelohnt wenn danach nicht ein weiteres Highlight stattgefunden hätte. Ein paar Stationen weiter hatten wir das Meer erreicht. Enoshima. Einer der Strände in guter Erreichbarkeit der Stadt. Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichten wir also den Strand von Enoshima. Seid einer gefühlten Ewigkeit durfte ich dort noch einmal einen weiten Blick genießen. Ohne Wohnblöcke und Stromleitungen die einem in Tokio einen Strich durchs Blickfeld ziehen. Einfach nur das Meer, der weite Horizont und dann sogar ein kurzer Badegang. Dieser schöne Tag fand hier seine Vollendung. Ein richtiges Feriengefühl stellte sich ein. Im nahegelegenen Supermarkt wurde sich dann auf den Abend vorbereitet, Bier, Snacks und ein beliebter koreanischer Fusel als Schmankerl eingekauft. Dazu gabs noch Feuerwerk, welches die Japaner im Sommer gerne mal in kleinen Kreis abhalten. Welcher Tag sollte sich dazu besser eignen als dieser. 4 Juli, Tag am Meer... Die Fotos sollten Bericht genug sein...



So in etwa wird morgen meine Speech enden. Angesichts der Tatsache dass einige am Ende dieses Monats in Ihre Heimat zurückkehren wird jeder sicher auch ein bisschen traurig auf diesen Tag zurückblicken. Aber nur kurz, denn Veranstaltungen im gleichen Kreise sind bereits geplant. Noch Fragen...?

Mittwoch, Juni 24, 2009

Dienst ist Schnaps und Schnaps ist Dienst

Zuletzt war in meinem Blog ja eher wenig Neues zu lesen. Das liegt wohl daran, dass ich unter der beschriebenen Doppelbelastung wohl eher selten Zeit finde dieses Projekt voran zu treiben. Ironischerweise, das sei nachgetragen, habe ich auf die Frage, warum ich japanisch studiere, 臭味 (shuumi) geantwortet, was Hobby bedeutet. Wenn dass so ist, darf ich mich nicht beklagen dass ein Großteil meiner Freizeit dafür drauf geht. Welcher Amateurfussballer würde nicht gerne jeden morgen professionell trainieren...Zugegeben, der Vergleich hinkt. Und wenn ich gestresst von der Sprachschule nach hause komme und mich dann nach den wirklichen Gründen der Sprachlernerei und auch meines Aufenthaltes frage, dann bringt mich das nicht weiter...so bleibt es dabei. Mein ist Hobby Japanisch und ich nehme es sehr ernst...
Um die Kombination von Arbeit und Vergnügen, Dienst und Schnaps, business and pleasure geht es auch in diesem Beitrag. Vergnügen selbstverständlich jenseits von paradoxen Kanji-Bedeutungen und grammatikalischen Untiefen. Die Rede ist vom Blog und dem Thema meiner Diplomarbeit. Vor einiger Zeit habe ich mich mit einer persönlichen Ansicht zum Thema meiner Diplomarbeit an gute Freunde gewendet. Diese Mitteilung war unter zwei Eindrücken entstanden:
Da ist zum einen Trend jüngerer Menschen zu materialistischen Einstellungen, der unter Sozial- und Meinungsforschern breit diskutiert wird. In der Theorie wurde immer davon ausgegangen, dass in Gesellschaften mit hohem Wohlstand, Individuen zuerst nach der Entfaltung und Verwirklichung der eigenen Individualität streben und dass sich dieses Streben in verschiedenen Lebenslagen, vor allem auch in der Studien- und Berufswahl äußert. Nun also wieder eine Zuwendung zu traditionellen Werten wie Fleiß, Gehorsam und Unterordnung (sogenannte Pflicht- und Akzeptanzwerte) und ein Bedeutungszuwachs von materiellem Wohlstand und Sicherheitsbedürfnissen. Diese Tugenden, von den einen verteufelt und überwunden geglaubt, von den anderen beschworen und zu trauernd zu Grabe getragen, scheinen also eine Renaissance zu erleben. Dazu ist zu lesen, dass diese Entwicklung vor dem Hintergrund einer schlechteren wirtschaftlichen Situation, und einer damit einher gehenden Dauerarbeitslosigkeit zu interpretieren sei. Die Erklärungen gehen dahin, dass diese Rahmenbedingungen zu einer Unsicherheit und einem subjektiv wahrgenommenen Risiko führen, selbst von diesen Problemen betroffen zu sein. Kurzum, das Ergebnis sei die erneute Zunahme von materialistischen Werten. Weitere theoretische Überlegungen und empirische Befunde können an dieser Stelle ausgespart bleiben. Es steht hier ja schließlich das Vergnügen im Vordergrund, sowohl bei mir als auch bei den Lesern.
Des weiteren konnte ich derartige Befunde in einer Reihe von Beobachtungen im privaten Bereich wiederfinden um nicht zu sagen bestätigen. Konkret erinnerte ich mich an Äußerungen einiger Japanologen (so „darf“ ich sie sicher nicht nennen), die in einigen, auch zwanglosen Situationen nachdrücklich betonten, dass es eben kein rein kulturwissenschaftliches Studium sei, welchem sie nachgingen, sondern auch wirtschaftliche Themen und Inhalte im Lehrplan ständen und diese auch eifrig studiert würden. Das wiederholte Betonen dieser wirtschaflichen Ausrichtung und der persönliche Eindruck den diese Leute auf mich machten erinnerte mich wiederrum an die oben angesprochen Befunde. Ein Studium aus reinem Interesse, was diese Leute für Japan ja aufbringen, genügt den eigenen bzw. den wechselseitig erwarteten Ansprüchen wohl nicht. Offensichtlich zählt ein mit glühendem Interesse verfolgtes Studium nichts ohne die (womöglich auch nur halbherzig abgelegten) „nützlichen“ Fächer. Die wissenschaftliche Notwendigkeit der Abstraktion von eigenen Dispositionen misslang mir in diesem Zusammenhang völlig. Zum einen bin ich als (immernoch ;-)) Student von diesen und ähnlichen Themen selbst betroffen und habe dazu natürlich auch meine persönliche Meinung. Woran ich mich aber auch erinnert fühlte waren die oben angesprochenen Theorien und Befunde und darin besonders das alles überragende Stichwort „employability“. Das heißt soviel wie Beschäftigungs- oder Arbeitsmarktfähigkeit und beschreibt die berufliche Verwertbarkeit von Qualifikationen und Bildung.
Soweit der Kontext in dem die Antworten meiner werten Freunde zu verstehen sind, von welchen ich einige nun auszugsweise darstellen möchte:

Zum Thema der Profilierung und effektbeladenen Darstellung eigener Kompetenzen, die einführende Bemerkung eines Referendars für Sonderpädagogik: „nicht selten hat man den Eindruck, dies (Profilierung und Selbstdarstellung) ist der wirkliche Zweck ihres Tuns (das einiger Kollegen) und nicht der eigentliche Bildungsauftrag für die Schülerinnen und Schüler.“ Es gilt also zu trennen zwischen Sein und Schein, dem Können und nur so Tun.

Zur Frage der Bedeutung von beruflicher Selbstverwirklichung und Materialismus reflektiert ein diplomierter Volkswirt: „Manchmal denk ich über all diese Fragen nach und glaube, dass diese Fragerei (einen Job zu bekommen der mich ausfüllt) nur eine andere Form von Selbstfixierheit ist und nicht in der Werteordnung höher anzusiedeln ist als materialistische Einstellungen, die Bedeutung von Wohlstand und Sicherheit, Geld und Karriere.“
Interessanter Gedankengang, wenig überraschend dass er von einem Volkswirt kommt: Sind Werte der Selbstverwirklichung wirklich ein höher anzusiedeln als „Ego Cash und Karriere“. Sicherlich ist Selbstverwirklichung auch als Selbstfixiertheit zu verstehen. .
Fragen wir mal fachspezifisch. Was bedeuten entsprechende Werte für das Verhalten des Einzelnen und welches sind die sozialen und eben volkswirtschaftlichen Implikationen der beiden Verhaltensformen: Egozentrierte Muße, zeitliche Ineffizienz, Suche und (Re-)Orientierungen persönlicher Prioritäten einerseits mit der Aussicht auf persönliche Zufriedenheit und in der Folge auch auf höhere Produktivität. Andererseits fleißiges Streben nach materiellen Gütern, emsiges Mehren des persönlichen Nutzens, Bestätigung durch sozialen Status mit dem Gesamteffekt einer volkswirtschaftlichen Wertgenerierung.
"Aber andererseits provozieren glaube ich genau diese Überlegungen das Auftreten der Chancen, die wir dann verpflichtet sind zu nutzen."
Hier zeigt sich vor allem eine Verpflichtung vor sich selber, sich Chancen zu erarbeiten und diese zu nutzen. Je eher man die eigenen Prioritäten reflektiert, desto eher erkennt man seine Chancen und umso differenzierter kann man auf sie eingehen.

Eine Soziologie-Studentin meint: „Ist es heute überhaupt noch überzeugend, wirklich nach seinen Interessen studiert zu haben, und sogar anzustreben, einen Beruf zu finden, der einen interessiert und für den man jeden Morgen voller Überzeugung aus dem Bett aufsteht?“
Die Tatsache, dass Aspekte intrinsischer Motivation offenbar nicht gefragt sind, sozial kaum Wertschätzung erfahren und Beachtung finden wird als recht entmutigend wahrgenommen, kann enorm frustieren. Fragen nach Karriere- und Verdienstmöglichkeiten bleiben trotz aller Bedeutung persönlichen Interesses wichtige Fragen. Wenn man im Bewerbungsprozess gerade keine rein formale Qualifikation, keine hundertprozentige Deckung von Stellenbeschreibung und Qualifikation aufweisen kann, kommt man eben nicht weiter mit der Tatsache, dass man von seinem Studium inhaltlich und persönlich enorm profitiert hat.
„Ein Studium der Soziologie lässt sich nicht so einfach als Employability darstellen. Und ein Teil der Gründe der Studienwahl ist ja auch, dass man gerade das gar nicht will. Diese Entscheidung lässt uns jetzt gegenüber den BWLern und Konsorten etwas abgeschlagen wirken (aus ihrer Perspektive), ich bleibe aber bei meiner Überzeugung, dass es uns langfristig unsere Glaubwürdigkeit erhält. (...) Dann (auf einem fiktiven Klassentreffen in fünfzehn Jahren) – davon gehe ich fest aus – wissen wir, dass unsere Entscheidung die Richtige war. Wenn auch vielleicht nicht die Einfachste.“
Was bleibt ist der Trotz, die Genugtuung das gemacht zu haben was man wollte und mit Interesse studiert zu haben. Sich die spannenden Themen erschlossen zu haben, sich den wichtigen Fragen gestellt zu haben und das in einem Umfeld welches einem entspricht. Es ist nicht so dass das nur in einem fachlichen Bereich ginge, der leider nicht employable ist. Aber die Tatsache der Wahl und der weiteren Verfolgung (trotz bisweilen entmutigender Fragen nach dem Nutzen) dieser Inhalte hat viel mit Selbstverwirklichung zu tun. Vielleicht auch mit wissenschaftlicher Disziplin und forscherischem Enthusiasmus. Wenns dann auch mit der Kohle klappt, umso besser.

Eine Entwicklung vom theoretischen Reißbrett lässt sich anhand der Äußerungen eines Fernsehjournalisten nachzeichnen. Ganz richtig, (theoretisch mutmaßlich nicht uninformiert) wird da festgestellt, dass employability „ja tatsächlich so etwas wie der zentrale Begriff in unserem Milieu und unserem Alter ist. Ich erklär mir dass ein bisschen so: Weil in den 90ern (die uns ja wohl geprägt haben) a) im Prinzip genügend Jobs und Zukunft für alle vorhanden waren und b) Aussteigen viel akzeptierter als jetzt war, gucken jetzt alle ziemlich blöd auf die veränderten Verhältnisse - und zwar sowohl auf den Arbeitsmarkt als auch auf die tatsächlich zum Konservativen gewandelten Werte.“
Die Prägung (Sozialisation) spielt laut Theorie in der Ausbildung individueller Werte die tragende Rolle. Dieser Einflussfaktor wird also ganz richtig hervorgehoben. Allerdings scheint die Charakterisierung der Neunziger als „sorgenlose“ Zeit eher eine subjektive Wahrnehmung zu sein als denn eine wirtschaftliche Tatsache. Die Erwerbslosenquote lag in der zweiten Hälfte der Neunziger zum damaligen Zeitpunkt auf Rekordniveau. Was zählt ist die Wahrnehmung dieser Situation und in dieser (vielleicht romantisierenden Verklärung) finde ich mich ganz so wieder wie der Kollege sie darstellt. Weiters wird beschrieben:“ Denn einerseits sind wir ja nie wirklich linksalternative Ideologen (sondern irgendwo gesettelte Spießerkinder) gewesen, anderseits waren die "alternativen" Diskurse (Selbstverwirklichung / eben kein Spießer sein / die "coolen" Jungs im Dorf sein) trotzdem so selbstverständlich, dass wir sie ja nie in Frage gestellt haben. Das war auch gut so, hat schließlich Spaß gemacht und zu einer guten Jugend geführt. Wie wenig radikal wir eigentlich (gewesen) sind, zeigt sich spätestens jetzt, da das Lebensplanungs-Jobsuchen-vielleicht-doch-Familie?-Alter uns erwischt."
Hier spielen also Milieus und Lebensstile eine wichtige Rolle. Wenn einige Theoretiker behaupten, die materiellen Umstände prägten die Entwicklung individueller Wertprioritäten zuvorderst, dann werden zwei ganz wichtige Faktoren übersehen die hier angesprochen werden. Zum einen die Diskurse oder Ideologien die sich in spezifischen Milieus verbreiten und sich in Werten und Ansichten festigen. Zum anderen die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit solcher Werte, die vor allem im Zuge veränderter Lebensumstände und biografischer Phasen als Notwendigkeit erscheint. Es geht dabei nicht um den Umsturz kompletter Werte (das erlauben auch definitorische Kriterien von Wert nicht) sondern möglicherweise um das Abrücken von jugendlichem Idealismus und zukunftbezogenen Einstellungen.

An dieser Stelle freue ich mich über weitere Beiträge. Ich habe, neben der Freude über den persönlichen Kontakt, weiterhin viele gute und wichtige Ideen für die Diplomarbeit gefunden. An den raschen und zügigen Antworten habe ich auch gemerkt, dass ich mit diesen Fragen sicherlich auch einen Punkt angesprochen habe, der viele in meinem Alter angeht.

Sonntag, Juni 14, 2009

Deutsche Exotik

Fast jede Woche sind wir als Studenten aufgefordert, für den Unterricht eine kleine Rede (スプイーチ, sprich: „spiichi“) vorzubereiten. Dabei geht es darum, ein Thema was einen selbst interessiert auf japanisch vorzustellen. Ich bereite derzeit meine dritte Rede vor. Meine erste Rede ging um die rheinische Lebensart und den Karneval. Bei allen Speeches werden meistens visuelle Medien, sprich Bilder und dergleichen vorbereitet. Zumeist denk ich mir eine Pointe aus die dann den Höhepunkt der Reden liefern soll. Bei der Rede zum Karneval war neben diversen Fotos von Zügen und verkleideten Karnevalisten (besoffene Jugendliche hab ich ausgespart) am Ende ein Foto von mir als Supermario zu sehen, mit der Frage ob denn zu erkennen wäre wer das sei. Rede Nummer zwei ging über mein Hobby Fußball und auch um den zeitlichen Aufwand dieses Hobbys und die Bedeutung des Sports in Deutschland. Es ist schon erstaunlich, das für mich so selbstverständliche Themen wie Karneval und Amateurfußball für meine Zuhörer aus Korea und Thailand fremd und exotisch sind und sie in helles Staunen versetzen („heeeeh“). Es überrascht wenn man da vorne steht und ein Foto aus dem Regional-Sportteil der Mainzer-Rhein-Zeitung für Staunen sorgt. Sicher, das Foto ist an sich ist auch schon eindrucksvoll (haha). Aber auch die Tatsache dass es in Deutschland üblich ist dass sich junge Menschen derart auf ein Hobby konzentrieren und ein öffentliches Interesse daran vorhanden ist, erscheint meinen asiatischen Zuhörer doch sehr fremd zu sein. Nun steht die dritte Speech an und so langsam gehen mir die Themen aus. Eine weitere Herzensangelegenheit von mir rückt auf den Plan. Essen! Es geht um das deutsche Abendbrot. Zur visuellen Aufbereitung fand ich mich gestern also wieder, wie ich wild suchend in Google Suchbegriffe eingab. Mein Computer mimte den den virtuellen Kühlschrank, und Seiten wie lebensmittelfotos.de und ruterdinger-bauernbrot.de lieferten verlässlich wie ein deutscher Supermarkt die Bilder zu Suchbegriffen wie Vollkornbrot, Wurstaufschnitt, Gewürzgurke, Senfglas. Dann stellte ich die Bilder fix zu einer Folie zusammen die das deutsche Abendbrot fernab von massiven Holztischen und Brettchen aus massiver Eiche repräsentieren soll. Und wieder drängt sich eine Frage auf: Was kann daran auch nur ansatzweise exotisch erscheinen? Nun ich werde wahrscheinlich wieder mal überrascht werden, wenn ich morgen in staunende Gesichter blicke und für weitere Fragen zur Verfügung stehe.

Freitag, Juni 05, 2009

出る杭は打たれる

Der Nagel der heraussteht wird reingehämmert...Was dieses beliebte japanische Sprichwort lebensweltlich bedeutet, durfte ich letzte Woche hautnah erfahren. Vorweg möchte ich noch los werden, dass die kleinen Regeln des Alltags einen Aufenthalt in der Fremde meistens erst richtig spannend und exotisch machen. Oft merkt man erst daran, dass man weit, weit weg von zu Hause ist. Auch wenn dies in meinem Fall auch zutrifft, trägt die räumliche Distanz nicht soviel zu diesem Gefühl bei, wie die kulturellen Unterschiede die sich oft auch schon über wenige Kilometer ausbreiten.
Obwohl ich doch ganz umgänglich und nach eigenem Befinden, kulturübergreifend überaus anpassungsfähig bin, habe ich nun zum ersten Mal mit den japanischen Alltagsregeln ernste Probleme bekommen. Dies ist wohl nicht verwunderlich. Die Grenzen der eigenen Anpassungsfähigkeit werden in Japan, durch die Vielzahl der ungewöhnlichen Regeln des Zusammenlebens des öfteren ausgereizt. Oft fühlt man sich versucht, auf den eigenen, gewohnten Verhaltensweisen zu beharren. Doch gerade dieser Versuch birgt so manche Quelle des Frustes, da es oft als ungleicher Kampf beginnt und nur wenig erfolgreich sein wird. Ich will ja auch nicht, wie manch einer hier, ewig fluchen und lästern. Die Japaner sind blöd, machen Dieses schlecht und kapieren Jenes einfach nicht. Nein, ich habe meinen eigenen Weg gefunden, mit diesen Widrigkeiten umzugehen. Geduldig und zurückhaltend, aber bestimmt. Wenn ich was brauche, beharre ich auf meinen Rechten! Ich genieße schließlich auch die Vorzüge dieses Landes, auch wenn die manchmal in den Hintergrund rücken. Auf die Grenzen meiner Toleranz traf ich, wen wundert es, im Unterricht der Sprachschule der Nihon Universität. Der Tathergang:

Mittwoch, zwischen 9:00 und 10:30Uhr. Japanisch Sprachkurs der Nihon Universität. C-Klasse. Auf Aufforderung die Hausaufgaben des Vortags nachzuweisen, erwidert L. mit einem Lächeln: „Es tut mir Leid Herr Lehrer, aber die hab ich wohl vergessen!“ Da er bereits der zweite Schüler ohne Hausaufgaben ist, lachen die Mitschüler, nicht unbeeinflusst durch L's. äuffallig lässiges Verhalten. Sodann fällt Lehrerin O. das silberne Kaugummipapier auf L's Arbeitstisch auf. Auf die Frage, ob L. aktuell ein Kaugummi essen würde erwidert L. knapp „Ja“. Auf das Drängen von Lehrerin O. das Kaugummi wegen des Unterrichts doch im bereitliegenden Silberpapier zu entsorgen, zeigt sich L. uneinsichtig und widersetzt sich dem leichten Druck von Lehrerin O. Die Anmerkung, seine Aussprache und damit seine Teilnahme am Unterricht würden unter der Verwendung des Kaugummis leiden, weist L. zurück, er könne auch mit Kaugummi im Mund gut sprechen. (L. behält das Kaugummi im Mund. Die Situation ist angespannt.) Auf die Frage ob dies in D. (dem Heimatland L's) auch so Usus wäre, erwidert L. dies sei in seinem Land nichts ungewöhnliches. Lehrerin O. begnügt sich mit dieser Antwort und führt den Unterricht weiter. (L. sollte in der Folge keine Vorleseaufgaben mehr übernehmen.)
So hat es sich zugetragen. Ich lasse das unkommentiert. Ähnlichkeiten mit Eintragungen in diversen grün eingebundenen Klassenheften des Städtischen Gymnasiums Übach-Palenberg sind rein zufällig. Eine Ergänzung sei noch angemerkt und zwar die jugendliche Erwiderung auf das oben erwähnte traditionelle Sprichwort: Der Nagel der reingehämmert wird, steht auf der anderen Seite raus.

Mittwoch, Mai 20, 2009

Ganbare!

Nach dem wortkargen, dafür umso bilderreichen Eintrag nun also wieder ein Lebenszeichen. Ein Lokalisierungsversuch sozusagen, nachdem mir diese Verortung noch vor kurzem nicht so wirklich gelingen mochte. Mittlerweile bin ich doch irgendwo angekommen. Und zwar im harten aber irgendwie lustigen Sprachschulalltag. Meine virtuelle Aktivität (Facebook, Skype, Blog) wird immer weiter rausgeschoben. Also sitze ich hier nach drei Stunden Unterricht am morgen, Mittagessen, Heimfahrt, Textstudium für die Diplo, einer Stunde Sport, Abendessen mit Tagesthemen (und manchmal Essen) vom Vortag und einer Stunde Unterrichtsvorbereitung und hau in die Tasten. Eigentlich wäre entspannen angesagt und da die Uhr schon fast halb elf zeigt, ginge diese Entspannungsphase wohl in süßen Schlaf über. Auf später verschoben. Also wieder Sprachkurse, mit aller Macht. Nicht lernen ist nicht vorgesehen. Man muss! Akzeptanz für zeitliche Probleme kann man nicht erwarten. Da sind die echt hart. Ich werde einen Mittelweg finden müssen. Zwar habe ich bereits kundgetan dass die Priorität auf meiner Diplomarbeit liegt. Viel Akzeptanz kann ich jedoch nicht erwarten. Es ist bezeichnend, dass mir von der Lehrerin darauf mit einem 研究がんばって (kenkyuu ganbatte) geantwortet wurde. Ein 勉強がんばって (benkyou ganbatte) wäre der gleiche Wunsch, die gleiche Aufforderung bezogen auf mein Japanisch-Studium. Ganbatte bedeutet „viel Erfolg“, aber auch „Halt durch“ und „Gib dir Mühe“. Es wird immer dann gesagt, wenn man gefordert wird, unter Druck steht, wenn es eng wird. Umso lauter und auffordernder, je mehr man in den Augen des Senders das letzte bisschen Einsatz vermissen lässt. Mein Gedanke war nun der Folgende: Hätte die Lehrerin sich auf mein Japanischstudium bezogen, hätte sie damit die Möglichkeit eingeschlossen, dass ich mich aus zeitlichen Gründen eben nicht voll und ganz darauf konzentrieren kann. Eben weil ich zeitliche Abstriche machen muss. In dieser Äußerung würde, dachte ich, so viel mehr Akzeptanz für meine Doppelbelastung liegen. Etwa der Art: „Nun, dann schauen Sie mal wieviel Zeit Sie für mich erübrigen können.“ Es sind eben zwei völlig unterschiedliche Auffassungen dessen was meine Intentionen und Motive, und was die Umstände derselben sind. Ich beabsichtige, neben meiner Diplomarbeit noch Sprachkurse zu machen. Diese sind also der mehr oder weniger günstige Umstand. Für die Lehrerin ist meine Diplomarbeit ein misslicher Umstand der mich vom Pauken abhält. Der Teufel liegt im Detail, in Japan erst recht. Nun suche ich also den die goldene Mitte. Mal sehen ob mir dieser Lokalisierungsversuch ebenso gelingt. Fotos:

Besuch aus Frankreich von meinem Kumpel Loic. Ganbatte in your face!
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Ausflug nach Nikko. Besuch des Tôshôgu Schreins.
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Samurai Parade zu ehren des Shôguns Tokugawa Ieyasu dem der Schrein in Nikko gewidmet ist. Ieyasu hat sich vor Jahrhunderten mächtig Mühe gegeben. Immerhin hat er als oberster Shôgun die zahlreichen Lokalfürsten besiegt und Japan damit als ein Land beherrscht.
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Früh übt sich wer Samurai werden will.
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Ein Monster aus grauer Vorzeit...
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und noch eins!
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Vorzeit ja, grau auch, aber doch sehr menschlich.
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Ieyasu ruht heute im Bereich des prachtvollen Tempeldistrikts. Die Anstrengung liegt nun bei den Trägern seines mächtigen Sarges. Ganbatte!
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Freitag, Mai 08, 2009

Wo ist hier?

Hier...
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...oder hier?
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So...
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...so...
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...oder so?

Nach oben...
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...oder wohin?
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Angenehm, oder...
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unbequem!
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Wo also ist hier? Die Kamera wird die Antwort wohl irgendwann ausspucken...